OLG Wien-Entscheidung vom 22.4.2025, 33 R 48/25h

 

Sachverhalt:

Die Antragstellerin beantragte beim Patentamt die Eintragung der Wortmarke EXPRESS für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 12, 35 und 39; darunter Eisenbahnfahrzeuge, Marketingdienstleistungen sowie Reise- und Transportangebote.

Das Patentamt lehnte den Antrag hinsichtlich all jener Waren und Dienstleistungen ab, die sich auf Verkehrsmittel, Werbung für Reisen oder Transportleistungen beziehen. Zur Begründung verwies das Patentamt auf das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG). Der Begriff „EXPRESS“ sei in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen beschreibend und werde vom Publikum nicht als Herkunftshinweis auf ein konkretes Unternehmen verstanden.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien bestätigte die Abweisung des Antrags. Nach Ansicht des Gerichts fehlt dem Wort „EXPRESS“ für die beantragten Waren und Dienstleistungen die notwendige Unterscheidungskraft:

Der Begriff „EXPRESS“ wird vom durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher (insbesondere im Verkehrs- und Reisebereich) zwanglos als Hinweis auf Schnelligkeit verstanden. Das gilt sowohl für Fahrzeuge („Express-Zug“) als auch für Dienstleistungen wie Ticketbuchung, Transportorganisation oder Reiseinformation. Eine Herkunftsfunktion, also der Rückschluss auf ein bestimmtes Unternehmen, ergibt sich aus dem Zeichen hingegen nicht ohne Weiteres.

„EXPRESS“ ist insofern kein frei erfundenes Phantasiewort, sondern beschreibt als Substantiv einen Schnellzug und als Adjektiv eine eilige/schnelle Durchführung.

Bei Fahrzeugen (Klasse 12) werden die Verkehrskreise das Zeichen zwanglos als Hinweis auf hohe Geschwindigkeit verstehen.

Bei Dienstleistungen im Transport- und Reisebereich (Klassen 35 und 39) wird das Publikum ohne komplizierte Gedankengänge annehmen, dass diese „schnell“ erbracht werden. Auch eine differenzierte Betrachtung innerhalb der beanspruchten Dienstleistungen, etwa in Klasse 35 (zB allgemeine Werbung), lehnt das OLG ab. Denn weit gefasste Oberbegriffe wie „Werbung“ umfassen auch solche Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Reisen oder Transport stehen, und genau dort verliert das Zeichen „EXPRESS“ seine Unterscheidungskraft.

Die Verbraucher erkennen in dem Zeichen somit nur einen beschreibenden Hinweis auf Art und Beschaffenheit der Waren/Dienstleistungen, nicht aber einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

 

 

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