Urteil des EuG vom 15.3.2023 in der Rechtssache T‑ 133/22

 

Sachverhalt:

Das deutsche Unternehmen Katjes meldete das Wortzeichen „THE FUTURE IS PLANT‑ BASED“ für Waren der Klassen 5, 30 und 32 (u.a. für Nahrungsergänzungsmittel, Süßwaren, Backwaren, Getränke, Brause) als Unionsmarke beim EUIPO an.

Das EUIPO wies die Anmeldung aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft zurück. Katjes legte dagegen Beschwerde ein.

 

Entscheidung:

Die Beschwerdekammer des EUIPO wies die Beschwerde zurück. Die angemeldete Marke bedeute „die Zukunft ist pflanzlich“. Es gebe einen Trend zur fleischfreien und folglich pflanzlichen Ernährung. Der in Rede stehende Slogan könne nur dahin gehend verstanden werden, dass die gekennzeichneten Waren auf Pflanzenbasis hergestellt würden und damit zukunftsweisend seien. Die Wortfolge sei ausschließlich belobigend, weil es aus Sicht des angesprochenen Publikums begehrenswert sei, zukunftsorientierte Nahrung auf Pflanzenbasis zu sich zu nehmen. Der Slogan beinhalte also nicht mehr als eine reine Werbeaussage. Die Beschwerdekammer gelangte deshalb zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 keine Unterscheidungskraft habe.

Das EuG wies die dagegen gerichtete Klage von Katjes ab. Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, sind von der Eintragung ausgeschlossen. Eine Marke muss dazu geeignet sein, die Ware, für die sie angemeldet worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Eine Marke ist nicht bereits deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil die Zeichen oder Angaben, aus denen sie besteht, sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der von dieser Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Nach der Rechtsprechung sind an die Beurteilung der Unterscheidungskraft solcher Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Zeichen. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine aus einem Werbeslogan bestehende Marke jedoch als nicht unterscheidungskräftig anzusehen, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen lediglich als bloße Werbeaussage wahrgenommen werden kann. Nach der Rechtsprechung genügt ein Minimum an Unterscheidungskraft, um das absolute Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zu überwinden.

Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen wurde festgestellt, dass sich die Nahrungsergänzungsmittel der Klasse 5 an das allgemeine Publikum und an das Fachpublikum wenden, die ihnen eine „erhöhte“ Aufmerksamkeit schenkten. Sowohl die Waren der Klasse 30 als auch die Waren der Klasse 32 richten sich an das allgemeine Publikum, das solche Waren ohne große Aufmerksamkeit kaufe.

Alle diese Waren können pflanzlicher Art sein: Sie können pflanzliche Wirkstoffe oder Zutaten enthalten bzw auf Pflanzenbasis hergestellt sein oder der Herstellung von Nahrungsmitteln auf pflanzlicher Grundlage dienen. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden die angemeldete Marke „THE FUTURE IS PLANT‑ BASED“ dahin verstehen, dass die betreffenden Waren auf Pflanzenbasis hergestellt worden und damit Produkte der Zukunft sind.

Das EuG bestätigte daher die Entscheidung der Beschwerdekammer, wonach die angemeldete Marke für die betreffenden Waren keine Unterscheidungskraft hat und folglich nicht als Marke schutzfähig ist.

Im Gegensatz dazu war etwa der Slogan „IT’S LIKE MILK BUT MADE FOR HUMANS“ (Rechtssache T‑ 253/20) geeignet, einen Denkprozess in Gang zu setzen, der nicht mit den Umständen des vorliegenden Falles vergleichbar war. Denn mit diesem Slogan wurde die allgemein anerkannte Vorstellung in Frage gestellt, dass Milch ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Ernährung sei. Dies war auch beim Slogan „WET DUST CAN’T FLY“ (Rechtssache T‑ 133/13) der Fall, weil der Ausdruck „wet dust“ („feuchter Staub“) als begrifflich nicht korrekt erachtet wurde, da Staub, wenn er feucht ist, kein Staub mehr ist. Der Ausdruck „wet dust can’t fly“ verlangte von den Verbrauchern daher einen gewissen Deutungsaufwand. Auch der Slogan „LOVE TO LOUNGE“ (Rechtssache T‑ 305/16), allgemeinsprachlich „das reine Vergnügen der Faulheit“, könne in einer Vielzahl von Zusammenhängen verwendet werden. Die maßgeblichen Verkehrskreise müssen den Slogan deshalb erst in den betreffenden Kontext – Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen – einordnen, was eine intellektuelle Anstrengung erfordert.

 

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