OGH-Entscheidung vom 22.11.2022, 4 Ob 171/22h

 

Sachverhalt:

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke „GASTEINER ENERGY WATER“ sowie folgender beiden Wortbildmarken für diverse Getränke in den Klassen 30 und 32:

Das Patentamt lehnte die Eintragung der Marken als rein beschreibend und nicht originär unterscheidungskräftig ab. Der Begriff „Gasteiner“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus der Gebirgsregion Gasteinertal aufgefasst. Der Bildbestandteil der Wortbildmarken sei eine übliche Darstellung von Bergen, die die Deutung des Wortbestandteils als beschreibende geographische Herkunftsbezeichnung sogar noch verstärke. Auch die Wortmarke sei nicht eintragungsfähig, weil der Begriff „Energy Drink“ als Bezeichnung für ein Energie spendendes Getränk geläufig sei.

 

Entscheidung:

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Patentamtes. Der OGH befand den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin für unzulässig.

Die Eintragung eines Zeichens ist gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG zu versagen, wenn ihm keine Unterscheidungskraft zukommt. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können.

Es liegt hier kein Fall vor, wo die geografische Bezeichnung eines sehr überschaubaren Gebiets für den Alleineigentümer dieses Gutes, Weinbergs oä als Marke geschützt werden soll. In Anbetracht der Größe des Gasteinertals ist die Rechtsmeinung der Vorinstanzen nicht korrekturbedürftig. Ein Freihaltebedürfnis besteht schon deshalb, weil weitere Quellen entdeckt werden könnten oder die Monopol-Verordnung geändert werden könnte.

Die Antragstellerin argumentierte, dass das Gasteinertal für die angemeldeten Waren nicht bekannt sei, sodass die Verkehrskreise die Bezeichnung gar nicht als geographische Angabe auffassen würden. Zudem sei eine allfällige Bekanntheit des Gasteinertals für Mineralwasser sei nur auf ihre Produkte zurückzuführen, sodass die Verkehrskreise den Begriff Gasteiner als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft auffassen würden. Das Publikum könne aus Handelsbezeichnungen oft erkennen, aus welchem Ort ein Mineralwasser oder Bier stamme. Der OGH folgte dieser Argumentationsschiene der Antragstellerin jedoch nicht, da diese bestenfalls darlegen würde, dass die angemeldeten Zeichen Verkehrsgeltung und damit Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 2 MSchG erwerben und so – in Zukunft – eintragungsfähig werden könnten. Die behauptete originäre Unterscheidungskraft der angemeldeten Zeichen konnte nicht aufgezeigt werden.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

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