OGH-Entscheidung vom 17.2.2014, 4 Ob 11/14t

Die Antragstellerin ist Inhaberin der international registrierten Wortmarke EXPRESSGLASS für Waren der Klassen 12 und 21 (iwS Glasscheiben). Die Marke sollte via internationaler Erstreckung auch in das österreichische Markenregister eingetragen werden.

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts stellte per Beschluss fest, dass Markenschutz in diesem Fall nur nach Nachweis einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft gewährt werden könne. Die Rechtsmittelabteilung des ÖPA bestätigte diese Entscheidung. Die Unterscheidungskraft fehle, wenn das Publikum die Marke als Beschreibung der Eigenschaften der damit bezeichneten Waren verstehe. Bei Wortzusammensetzungen komme es dabei auf den Gesamteindruck an; fremdsprachige Bezeichnungen seien nach dem Verständnis eines nicht unerheblichen Teils der inländischen Verkehrskreise zu beurteilen. Dieser verstehe EXPRESSGLASS als Hinweis darauf, dass die so bezeichneten Glaswaren aufgrund ihrer Beschaffenheit schnell eingebaut oder verarbeitet werden könnten. Damit fehle die Unterscheidungskraft. Eine Bindung an die Schutzgewährung in anderen Staaten bestehe nicht.

Die dagegen erhobene Beschwerde der Antragstellerin behandelte der OGH als Revisionsrekurs; dieser war jedoch nicht berechtigt:

Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen. Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die deren Herkunft; eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können. Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von den Anmeldungen erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können. Trifft das zu, kann auch Wortneubildungen die Unterscheidungskraft fehlen.

Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte. Das kann auch dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist.

Werden Glaswaren mit „EXPRESSGLASS“ bezeichnet, so wird das Publikum jedenfalls den Wortbestandteil GLASS auf die Beschaffenheit der Ware beziehen. Das Doppel-S am Wortende schadet dabei nicht, weil der Wortklang übereinstimmt und den angesprochenen Kreisen zudem unterstellt werden kann, dass sie glass als englisches Wort für Glas erkennen. Wird nun dieser Begriff mit dem ebenfalls beschreibenden Begriff „express“ zusammengefügt, werden die angesprochenen Kreise folgern, dass auch die Zusammensetzung Eigenschaften der Ware bezeichnen soll. In weiterer Folge werden sie ohne besondere Denkoperationen annehmen, dass es sich bei EXPRESSGLASS um Glas handelt, das – aus welchem Grund auch immer – schnell verarbeitet oder eingebaut werden kann.

Der angefochtene Beschluss wurde daher bestätigt. Der Marke wird daher in Österreich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG Schutz zu gewähren sein.