Urteil des EuG vom 15.3.2023 in der Rechtssache T‑178/22

 

Sachverhalt:

Das amerikanische Unternehmen FA World Entertainment Inc. meldete seine US-amerikanische Wortmarke „FUCKING AWESOME“ im Wege einer internationalen Registrierung über die WIPO für Waren der Klassen 9, 18, 25 und 28 (u.a. für Brillen, Taschen, Bekleidung, Skateboards) als Unionsmarke beim EUIPO an.

Das EUIPO wies die Anmeldung aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft und eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung/guten Sitten zurück. FA World Entertainment legte dagegen Beschwerde ein.

 

Entscheidung:

Die Beschwerdekammer des EUIPO wies die Beschwerde zurück. Auch das EuG wies die dagegen gerichtete Klage von FA World Entertainment ab.

Was die Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise angeht, sei das englische Wort „fucking“ ein etwas vulgärer Verstärker, während das englische Wort „awesome“ „ausgezeichnet oder hervorragend“ bedeute. Die Marke würde von den maßgeblichen Verkehrskreisen in ihrer Gesamtheit als werbender Ausdruck verstanden.

Eine Kombination von Wörtern aus dem Wörterbuch, die eine eindeutige Bedeutung haben und nicht mehr als eine einfache Kombination dieser Wörter anzusehen sind, vermittelt eine klare und unmissverständliche Botschaft, die keiner Interpretation durch den Verbraucher bedarf. Diese Kombination „FUCKING AWESOME“ wird von den maßgeblichen Verkehrskreisen daher als eine Werbebotschaft wahrgenommen, die auf die erstaunliche Qualität der Waren hinweist. Der Umstand, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit nicht in Wörterbüchern enthalten ist, ist als solcher nicht geeignet, die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu ändern.

Zudem fehlt es der Marke an Unterscheidungskraft, da sie rein werbend und anpreisend ist. Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, sind von der Eintragung ausgeschlossen. Eine Marke muss dazu geeignet sein, die Ware, für die sie angemeldet worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur wenn Marken nicht nur eine gewöhnliche Werbebotschaft darstellen, sondern eine gewisse Originalität besitzen, die zumindest eine gewisse Interpretation durch die maßgeblichen Verkehrskreise erfordert oder einen kognitiven Prozess in den Köpfen dieser Verkehrskreise auslöst, dann kann die Schutzfähigkeit bejaht werden.

Im vorliegenden Fall wird aber lediglich eine umgangssprachliche Ausdrucksweise zur Übermittlung einer Werbebotschaft verwendet, die nicht so überraschend (im Sinne einer Faszination oder Überraschung) ist, dass sie geeignet wäre auf die betriebliche Herkunft der Waren hinzuweisen. Im Übrigen ist der Ausdruck „FUCKING AWESOME“ in der Umgangssprache sehr bekannt, sodass ihm in Bezug auf die fraglichen Waren jede Originalität abgeht.

Dies gilt insbesondere für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die von der Klägerin angesprochene Verbrauchergruppe darstellt, nämlich junge bis mittelalte Verbraucher, die sich für Waren aus den Bereichen Skateboarding und Mode interessierten. Da die Verwendung einer informellen oder vulgären Sprache für diese Verkehrskreise nicht unüblich ist, werden diese der Wortwahl des fraglichen Zeichens keine besondere Bedeutung beimessen, sondern sie vielmehr als Anpassung einer Werbebotschaft an diese besonderen Verkehrskreise verstehen.

 

 

Link zum Entscheidungstext (Englisch)

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema Unterscheidungskraft im Markenrecht:

Slogans im Markenrecht: „THE FUTURE IS PLANT-BASED“ mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig. Reine Werbeaussage.

Marke „BURGERMEISTER“ fehlt die Unterscheidungskraft. Lobende Beschreibung der eigenen Leistung.

„GASTEINER“ nicht als Marke für Getränke schutzfähig: rein beschreibend und nicht originär unterscheidungskräftig.

„HILFSWERK ÖSTERREICH“ ist eine schutzfähige Marke. OGH bejaht Unterscheidungskraft.

Marke „SHE Smart Home Experience“. OGH zu Unterscheidungskraft und Verwechslungsgefahr.

Fehlt der Marke „MyFlat“ die Unterscheidungskraft? Konkret angemeldete Waren und Dienstleistungen sind zu beurteilen.

EuGH zur Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken auf öffentlichen Verkehrsmitteln

OLG Wien zur Unterscheidungskraft der Marke „REFURBED“: Phantasiebezeichnungen können an existierende Wörter angelehnt sein

EuGH zur fehlenden Unterscheidungskraft einer dreidimensionalen Marke (Flaschendesign)

EuGH zu Farbmarken („Sparkassen-Rot“) – Unterscheidungskraft infolge Benutzung / maßgeblicher Zeitpunkt

Marke aus Wortneubildung in Fremdsprache: Unterscheidungskraft fehlt wenn Bezug zu Beschaffenheit (EXPRESSGLASS)

Weiterhin keine Eintragung der Farbmarke Orange für einen Baumarkt. OGH verneint ausreichende Verkehrsgeltung.

„Gams-Kas-Krainer“ nicht als Marke für Fleischwaren schutzfähig. (Beschreibender Hinweis auf Produkt.)