OLG Wien-Entscheidung vom 2.8.2024, 33 R 71/24i

 

Sachverhalt:

Der Antragsteller beantragte beim Österreichischen Patentamt die Eintragung der Wortmarke

HÄNGESTAPEL

für Waren aus Klasse 20 (iwS Möbel und Einrichtungsgegenstände) sowie Dienstleistungen aus Klassen 37 und 42.

Das Patentamt wies die Anmeldung für Klasse 20 ab. Die Rechtsabteilung hielt fest, dass die Marke nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG (Verkehrsgeltung) registrierbar sei. Die Verkehrskreise sähen im Zeichen nur einen informativen Hinweis auf die damit bezeichneten Waren, insbesondere deren Funktionsweise.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Die angemeldete Wortkombination ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung; diese besteht allerdings aus Wort(teil)en, die in der deutschen Sprache sehr gebräuchlich, also nicht „phantasiehaft“ sind.

Gesondert betrachtet beziehen sich die einzelnen Bestandteile „HÄNGE“ und „STAPEL“ auf Funktionsweisen von Einrichtungsgegenständen und/oder deren Montageform. Was die Verbindung der beiden Wörter betrifft, bewirkt diese aber keinen von der bloßen Zusammenfügung der Bestandteile hinlänglich abweichenden Charakter. Ohne komplizierte Schlussfolgerungen werden unter „HÄNGESTAPEL“ etwa Möbel zu verstehen sein, die sowohl hängend als auch in Stapelform (zB Regal- oder Ladenelemente) montiert oder aufgestellt werden können, oder Aufbewahrungsmöbel, die ein Stapeln und/oder Aufhängen von Gegenständen erlauben.

Die Vielseitigkeit von Möbelstücken in puncto Montage und Einsetzbarkeit ist sehr gefragt. Die einzelnen Begriffselemente schließen einander von ihrer Bedeutung daher gerade nicht aus; ihre Zusammenfügung erweitert sogar die Merkmale, wobei kein neuer Bedeutungsgehalt entsteht, der wesentlich über jenen der bloßen Summe der Wortbestandteile hinausgeht. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass die Neuschöpfung sprachlich nicht korrekt erscheint; so begründet eine Falschschreibung per se noch keine Unterscheidungskraft. Allein die Mehrdeutigkeit eines Wortzeichens führt noch nicht zu dessen Schutzwürdigkeit.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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