OLG Wien-Entscheidung vom 31.7.2024, 33 R 84/24a

 

Sachverhalt:

Der Inhaber der österreichischen WortmarkeUHU“ und folgender Wortbildmarke

erhob Widerspruch gegen die jüngere Wortbildmarke

Alle drei Marken sind für alkoholische Getränke in Klasse 33 eingetragen.

Die Antragstellerin brachte in ihrem Widerspruch vor, zwischen ihren älteren Marken und der jüngeren Marke bestehe Verwechslungsgefahr und Warenidentität.

 

Entscheidung:

Die Rechtsabteilung des Patentamtes wies den Widerspruch ab. Die Marken würden in der grafischen Ausgestaltung wie auch in den zusätzlich verwendeten Worten differieren.

Das OLG Wien gab dem Rekurs der Antragstellerin jedoch Folge.

Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Unterscheidungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist. Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort zu orientieren pflegt. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig Ähnlichkeit anzunehmen. Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr aber nur dann, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt.

Das OLG Wien war zwar wie das ÖPA der Ansicht, dass sich die beiden Wortbildmarken in visueller Hinsicht maßgeblich unterscheiden. Rein optisch betrachtet verneinte es das Vorliegen von Verwechslungsgefahr. Allerdings verbiete sich bei zusammengesetzten Zeichen eine isolierte Betrachtungsweise, sondern sei das Zeichen in seiner Gesamtheit zu betrachten.

Die jüngere Marke enthält, wie auch die beiden älteren Marken, das Wort „UHU“. Darunter versteht man einen zur Gattung der Eulen gehörenden nachtaktiven Vogel, dessen Erscheinungsbild durch seinen großen, runden Kopf mit großen, orangeroten Augen und Ohren mit langen Federn geprägt ist. Die bildliche Darstellung in beiden Wortbildmarken unterstreicht dieses Verständnis. Ein Unterschied im Wortsinn oder -klang liegt damit nicht vor. Im Fall der älteren Wortmarke wurde das Zeichen sogar zur Gänze in die jüngere Marke übernommen. Selbst wenn man in „UHU“ nur ein schwaches Zeichen sehen würde, spielt es in der jüngeren Marke keine untergeordnete Rolle.

Das Hinzufügen des (eigenen) Unternehmensnamens zu einem charakteristischen und auffallenden Teil der Bezeichnung eines Konkurrenten genügt nicht, um die Verwechslungsgefahr auszuschalten (u.a. HIER in Punkt 3. nachzulesen: BIOGENA/BIOGENA MARS).

Gerade alkoholische Getränke werden häufig mündlich bestellt, sofern sie nicht im Einzel- oder Großhandel gekauft werden. Dabei werden sich die angesprochenen Verkehrskreise schon aus Gründen der Bequemlichkeit auf das prägende Wort, also „UHU“, konzentrieren. Mit anderen Worten werden sie einen „UHU“ bestellen und nicht einen „UHU frizzante von HALAP VULKAN“, schon gar nicht einen „UHU frizzante von HALAP VULKAN […] L22102 11.7% vol. 0,75 L enthält Sulfite“.

 

 

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