OGH-Entscheidung vom 20.12.2022, 4 Ob 183/22y

 

Sachverhalt:

Die Inhaberin der prioritätsälteren Unionsmarke „ZARA HOME“ erhob Widerspruch gegen die prioritätsjüngere österreichische Wort-Bild-Marke „AZRA HOME“:

Beide Marken sind für Dienstleistungen in Klasse 35 eingetragen.

Das Patentamt gab dem Widerspruch größtenteils statt.

 

Entscheidung:

Das Rekursgericht wies den Widerspruch hingegen zur Gänze ab. Der OGH gab dem von der Antragstellerin erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs nicht Folge.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach einem unionsweit einheitlichen Maßstab unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist auf den Bekanntheitsgrad der Marke, den Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und den Grad der Gleichartigkeit zwischen den Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen.

Bei Identität der Waren bzw Dienstleistungen ist die Verwechslungsgefahr nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen; dafür sind die verwendeten Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen, wobei in der Regel die Verwechslungsgefahr nach einem dieser Gesichtspunkte genügt. Ob das verwendete Zeichen ähnlich ist, richtet sich nach dem Gesamteindruck. Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungsart, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt. Für den Ähnlichkeitsvergleich sind die einzelnen Zeichenbestandteile nicht isoliert zu betrachten.

Schutzunfähige oder schwache Teile tragen im Allgemeinen wenig zum Gesamteindruck des Zeichens bei, dass schon relativ geringe Abweichungen in den restlichen Bestandteilen in der Regel ausreichen, um die Gefahr von Verwechslungen zu beseitigen. Bei Wort-Bild-Marken ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort orientiert und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass sich die stärkeren Zeichenbestandteile „ZARA“ und „AZRA“ hinreichend deutlich unterscheiden, weil in bildlicher Hinsicht die Umstellung von zwei der vier Buchstaben stark ins Gewicht falle und in klanglicher Hinsicht besonders die Aufeinanderfolge von zwei Konsonanten in der angegriffenen Marke ungewöhnlich sei. Der OGH sah darin keine Fehlbeurteilung.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

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