OGH-Entscheidung vom 20.5.2014, 4 Ob 57/14g

Sachverhalt:

Die Marke „IONIT“ wurde im Juni 2010 für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 1, 2, 3, 4, 5, 11, 19, 21, 32 und 37 in das österreichische Markenregister eingetragen.

Die Inhaber der Marke „ISONIT“ erhoben Widerspruch gegen die Eintragung im Umfang der Klassen 1 und 2.

Entscheidung:

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts gab dem Widerspruch statt. Die Rechtsmittelabteilung bestätigte diese Entscheidung. Warenähnlichkeit oder Warenidentität stehe in diesem Verfahren außer Streit. Ein Vergleich der streitverfangenen Marken ergebe einen hohen Grad bildlicher Ähnlichkeit. Beide Marken hätten keine unmittelbare Bedeutung, weil der Durchschnittsverbraucher aber auch der Gewerbetreibende in der Hektik des täglichen Verkehrs bei Erwerb von Produkten wie Farben oder Klebstoffen nicht an ein elektronisch geladenes Atom odgl. denke. Auch dem Wortbestandteil bei der Widerspruchsmarke „Iso“ werde keine besondere Bedeutung zugeordnet. Auch die klangliche Verwechslungsgefahr könne nicht ausgeschlossen werden, weil beide Marken zumindest am Anfang und in der Endsilbe übereinstimmten.

Der OGH schloss sich dieser Begründung an:

Ob zwei gegenüberstehende Marken sich in Bild, Klang oder Bedeutung ähnlich sind, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den die Marken hervorrufen.

Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung im Allgemeinen schon dann anzunehmen, wenn sie bei einem der drei Ähnlichkeitskriterien (Wortbild, Wortklang, Wortsinn) gegeben ist . Jedenfalls ist es nicht erforderlich, dass die Verwechslungsgefahr in allen drei Aspekten besteht. Die Ähnlichkeit in einem Merkmal  kann aber auch schon durch Abweichungen bei anderen Merkmalen ausgeglichen werden, sofern diese Abweichungen vom Verkehr sofort erfasst werden.

Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet. Gehören zu den angesprochenen Kreisen sowohl Fachleute als auch Endverbraucher, genügt es, wenn Verwechslungsgefahr nur für einen dieser Verkehrskreise besteht.

Die Zeichenbestandteile „ION“ und „ISO“ haben jeweils einen eigenen und unterschiedlichen Wortsinn. ION bezeichnet ein elektrisch geladenes Atom und Iso eine griechische Vorsilbe (gleich). Diese Worte rufen aber im Zusammenhang mit den hier zu beurteilenden chemischen Erzeugnissen lediglich sehr vage Assoziationen hervor. Im Hinblick auf die auffallende hochgradige bildliche und klangliche Ähnlichkeit, ist der beschriebene unterschiedliche Wortsinn im Sinn der vorangestellten Grundsätze der Rechtsprechung nicht geeignet die Ähnlichkeiten zu neutralisieren.

Die klangliche Ähnlichkeit der Marken ergibt sich aus der Verwendung des Buchstabens I am Beginn, des O in der Mitte und der gleichen Silbe NIT am Ende der Wortmarken. Das bloße Zwischenschieben eines Zischlauts im hier zu beurteilenden Fall ist nicht geeignet, den Gesamteindruck wesentlich zu verändern.