OLG Wien-Entscheidung vom 22.3.2023, 33R 80/22k

 

Sachverhalt:

In einem Widerspruchsverfahren vor dem Österreichischen Patentamt standen sich folgende ältere Unionsmarke der Antragstellerin (registriert in Klassen 18, 25, 28; dh iwS Taschen/Koffer, Bekleidung, Spielzeug, Sportartikel)

und die österreichische Wortmarke „PUMA Multipower“ (in Klassen 7 und 12; iwS Maschinen, Werkzeuge, Fahrzeuge) der Antragsgegnerin gegenüber.

Die Rechtsabteilung des ÖPA wies den Widerspruch ab. Trotz der gänzlichen Übernahme der älteren Marke sei keine gedankliche Verknüpfung zwischen den Zeichen gegeben, weil die Waren unterschiedlich seien und völlig verschiedenen Zwecken dienten. Zudem würden sich die beteiligten Verkehrskreise nicht überschneiden. Die ältere Marke sei zwar bekannt, doch könne aufgrund der durchgreifenden Waren- und Branchenverschiedenheit nicht davon ausgegangen werden, dass die jüngere Marke den Ruf der älteren Marke ausbeute.

 

Entscheidung:

Der OGH gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und hob die Registrierung der jüngeren Marke auf.

Eine Marke ist bekannt, wenn ein bedeutender Teil des maßgeblichen Publikums das Zeichen kennt. „Maßgeblich“ ist jenes Publikum, an das sich die unter der betreffenden Marke vermarkteten Waren oder Dienstleistungen. Dabei kommt es nicht auf einen bestimmten Prozentsatz an. Damit der Inhaber einer Unionsmarke den Schutz dieser Bestimmung genießt, reicht es aus, dass diese Marke in einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets bekannt ist, wobei dieser Teil gegebenenfalls dem Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats entsprechen kann.

Ausgehend vom sehr hohen Bekanntheitsgrad beim Publikum, dem festgestellten Marktanteil in Österreich und in der EU und dem Aufwand im Bereich der Werbung (auch Sponsoring von Persönlichkeiten aus dem Bereich des Sports und der Mode) stufte der OGH die ältere Marke in der Europäischen Union als sehr bekannt ein. Der Schutz der bekannten Marke setzt keine Verwechslungsgefahr voraus, sondern nur eine solche Ähnlichkeit, dass das Publikum die Zeichen gedanklich miteinander verknüpft. Es reicht zudem aus, wenn die Ähnlichkeit in einem der drei Punkte Bild, Klang oder Sinngehalt besteht.

Im vorliegenden Fall wurde der Textanteil der älteren Marke zur Gänze in das jüngere Zeichen aufgenommen. Der aus der englischen Sprache entlehnte Zusatz „Multipower“ wird von den beteiligten Verkehrskreisen mit „viel Kraft“ oder „viel Leistung“ übersetzt und wird daher nur als werblicher Hinweis auf besonders gute Leistung verstanden. Damit ging der OGH von einer Identität der Zeichen im prägenden Bestandteil „Puma“ aus.

Der Schutz nach § 10 Abs 2 MSchG greift, wenn die Benutzung des jüngeren Zeichens in unlauterer Weise erfolgt und kein rechtfertigender Grund vorhanden ist. Die Antragsgegnerin hat die bekannte ältere Marke vollständig in ihre Marke übernommen, womit es wegen der bei bekannten Marken offenkundigen Möglichkeit einer Aufmerksamkeitsausbeutung aus Sicht des OGH nahe lag, unlautere Motive zu vermuten.

 

 

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