OGH-Entscheidung vom 20.10.2020, 4 Ob 173/20z

 

Sachverhalt:

Die Klägerin handelt mit Parfumprodukten, die sie auf Basis eines Lizenzvertrags unter Verwendung ua der österreichischen Wortmarke „BOSS“ sowie der Unionswortmarken „BOSS“ und „JOOP!“ in den Verkehr bringt.

Die Beklagte betrieb bis Juli 2018 einen Online-Shop für Parfum- und Kosmetikprodukte und bot in diesem Rahmen auch Originalprodukte der genannten Marken an. Sie verschickte im Juli 2018 an Käufer bestellte Ware in einem Karton, auf dem in gedrängter und durchmischter Anordnung neben anderen Marken auch die Klagsmarken aufgedruckt waren. Auf dem Karton waren außerdem Slogans der Beklagten aufgedruckt.

Die Klägerin begehrte vor Gericht, dass der Beklagten verboten werden solle, die bei ihr bestellten Produkte in Kartons zu versenden, die mit den Klagsmarken bedruckt sind, insbesondere zusammen mit anderen Marken oder mit den Slogans der Beklagten.

Im Sicherungsverfahren (in dem die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragte) unterlag die Klägerin bereits im August 2019, wie hier im Blog berichtet.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch der OGH wies den Revisionsrekurs als unzulässig zurück.

Eine zulässige Benutzung einer Marke iSd Art 15 Abs 1 UMV bzw § 10b Abs 1 MSchG liegt auch dann vor, wenn auf einem Versandkarton der Weitervertrieb der unveränderten Originalprodukte mit den Klagsmarken als Herkunftshinweis für weitere Einkäufe (produktbezogen) beworben wird, selbst wenn sich im konkreten Karton keine Waren der Klagsmarken befinden.

Dass die Verwendung der Klagsmarken geeignet ist, einen irreführenden Eindruck über eine allfällige wirtschaftliche Verbindung zum Markeninhaber zu erwecken oder dem Ruf der Marke und ihres Inhabers erheblich zu schädigen, wurde bereits im Provisorialverfahren zu Gunsten der Beklagten verneint.

Die Klägerin kann der Beklagten bereits im Hinblick auf den Erschöpfungsgrundsatz nach § 10b MSchG nicht verbieten, die Marken zu benutzen. Von der Erschöpfung der Marke ist auch das Recht umfasst, die Marke zu benutzen, um in der Öffentlichkeit für diese Waren zu werben. Die Judikatur unterscheidet nicht danach, ob es sich um eine Wort-Bild-Marke oder eine Wortmarke handelt. Erst wenn die konkrete Art und Weise der Benutzung der Marke in der Werbung rufschädigend ist, kann der Berechtigte die Benutzung der Marke untersagen. Das berechtigte Interesse des Markeninhabers kann nicht allein im Blick auf werbliche Gepflogenheiten in der Branche des Wiederverkäufers beurteilt werden. Entscheidend ist vielmehr auch im Fall einer für die Branche des Wiederverkäufers unüblichen Werbeform, ob die Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke tangiert ist oder eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Beeinträchtigung des Rufs der Marke vorliegt.

Insgesamt sah der OGH daher keinen tauglichen Grund für die Zulassung des Rechtsmittels und wies es als unzulässig zurück.