OGH-Entscheidung vom 28.2.2023, 4 Ob 246/22p

 

Sachverhalt:

Beide Parteien sind auf dem Gebiet der Schweißtechnik mit Laserverfahren tätig, das insbesondere in der Automobilindustrie Anwendung findet. Die Antragstellerin erwarb ihr Unternehmen aus einem Insolvenzverfahren; samt Know-How, Immaterialgüterrechten, Kundenlisten und Anlagegütern, darunter eine deutsche, eine österreichische und eine Unionsmarke mit folgendem Aussehen:

Die Antragsgegnerin wurde kurz davor von ehemaligen Mitarbeitern des insolventen Unternehmens gegründet und betreut deren frühere Kunden hinsichtlich der von dieser vertriebenen Technologie.

Die Antragstellerin beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es der Antragsgegnerin verboten werden solle, im geschäftlichen Verkehr in Österreich und Deutschland sowie im restlichen Gebiet der EU, das Zeichen „plasmo“ und/oder mit diesem verwechselbar ähnliche Zeichen kennzeichenmäßig zu verwenden.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin zurück.

Nach § 10 Abs 1 MSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber ein Ausschließungsrecht. Eine Diese Bestimmung ist eng auszulegen.

Die Benutzung der geschützten Marke ist demnach insbesondere dann erforderlich, um die Bestimmung der eigenen Ware oder Dienstleistung als Zusatzfunktion zum Markenprodukt darzulegen. Bei der Beurteilung, ob eine Angabe den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel iSd § 10 Abs 3 MSchG entspricht, kommen als Unlauterkeitskriterien vor allem Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung oder das Vortäuschen einer vertraglichen Beziehung in Betracht (siehe dazu DIESEN und DIESEN Blog-Beitrag). Beweispflichtig für das Vorliegen

Die Vorinstanzen bejahten zwar kennzeichenmäßigen Gebrauch der Marke. Dies und der Hinweis (bloß) auf den Wortbestandteil „plasmo“ der Marke mit Zusatz © oder ® seien im konkreten Fall aber erforderlich, um die angebotene Dienstleistung in Werbung und Selbstdarstellung zum Ausdruck zu bringen. Es würde keine der Markenfunktionen beeinträchtigt, der Ruf der Marke werde nicht ausgebeutet; die Nutzung entspreche in einer Gesamtbetrachtung den „anständigen Gepflogenheiten“.

Der OGH hielt diese Rechtsansicht für vertretbar. Die Ansicht der Antragstellerin, dass sich die Antragsgegnerin mit der Verwendung von © oder ® selbst als Kennzeicheninhaberin ausgebe, teilte der OGH nicht. Richtig sei zwar, dass ® allgemein als Hinweis auf eine registrierte Marke verstanden wird. Ein derartiger Schutzrechtshinweis richtet sich sowohl an Mitbewerber, um sie auf das Bestehen des Markenrechts aufmerksam zu machen, als auch an die potenziellen Kunden des Werbenden, sodass es für die Frage, ob ihm etwas Irreführendes entnommen werden kann, auf das Verständnis dieser beiden angesprochenen Verkehrskreise ankommt. Genießt aber der mit einem ® versehene Markenbestandteil Schutz gegen unbefugte Verwendung, weil er auch für sich allein unterscheidungskräftig ist und durch seine unerlaubte Verwendung die Gefahr von Verwechslungen bestünde, ist in der Verwendung von ® keine relevante Irreführung zu erblicken. Die zusätzliche Verwendung von ® ist hier als vernachlässigbar, jedenfalls aber nicht als markenrechtlich ins Gewicht fallende Behauptung eigener kennzeichenmäßigen Rechte, als betrieblichen Herkunftshinweis oder als Suggestion einer nicht gegebenen Exklusivität der Leistung anzusehen. Dies gilt vertretbar umso mehr für die – hier unpassende – Zusatzbezeichnung ©.

Eine Irreführungseignung wurde vom OGH verneint: Nach § 2 Abs 1 Z 6 UWG gilt eine Geschäftspraktik als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt derart über die Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Unternehmers oder seines Vertreters, wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, sein Status, seine Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen sowie gewerbliche oder kommerzielle Eigentumsrechte oder Rechte an geistigem Eigentum oder seine Auszeichnungen und Ehrungen zu täuschen, dass jener dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Die Antragsgegnerin hat auf ihrer Website das Fehlen ihrer Rechtsnachfolgerschaft ausdrücklich und ausreichend sichtbar klargestellt. Das Anbot ihrer Dienstleistungen wurde mit dem Hinweis versehen, ein neu gegründetes Unternehmen zu sein. Dies wird vom hier angesprochenen hochspezialisierten und fachkundigen Publikum nach dem Gesamteindruck nicht als Unterstellung einer Rechtsnachfolge verstanden.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema rechtmäßige Benutzung registrierter Marken:

Verwendung des eigenen Namens zur Kennzeichnung von Produkten kann Markenrechte verletzen

„passend für [Marke]“: Minderqualitative Nachfüllware ohne eigene Kennzeichnung verletzt Markenrechte des Originalherstellers

Verweisender Markengebrauch zulässig, sofern keine Funktionsbeeinträchtigung der Marke oder unlautere Geschäftspraktik vorliegt

Online-Shop bedruckt Versandkartons mit bekannten Marken: Keine Markenrechtsverletzung

In welcher Form darf beim Verieb von Markenware mit geschützten Marken geworben werden?

Verwendung des Vereinswappen eines Fußballklubs in einer Werbemail = Markenrechtsverletzung?

„Schärdinger“ als geografische Herkunftsangabe für Getränke verletzt keine Markenrechte

Beschreibende Benutzung einer Marke mit geringer Kennzeichnungskraft zulässig („ski in ski out“)