OGH-Entscheidung vom 18.10.2022, 4 Ob 131/22a

 

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke „Szigeti“ sowie einer gleichlautenden Unionsmarke (beide unter anderem eingetragen für die Klasse 33 – iwS Alkoholische Getränke).

Die Beklagte meldete Ende 2020 – ebenfalls in Klasse 33 – folgende Wort-Bild-Marke an:

Die Klägerin klagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung.

 

Entscheidung:

Die ersten beiden Instanzen untersagten der Beklagten die Verwendung der Marke oder einer ähnlichen Bezeichnung, die als prägenden Teil das Wort „Szigeti“ enthält. Der OGH befand die außerordentliche Revision von der Beklagten gegen diese Entscheidung für unzulässig.

Nach § 10 Abs 1 MSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber ein Ausschließungsrecht. Der Markeninhaber kann Dritten die Benutzung der Marke oder ähnlicher Zeichen für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke registriert ist (oder auch ähnliche Waren oder Dienstleistungen) verbieten.  Auch die Nutzung einer Marke als Firmenbestandteil ist zu unterlassen, wenn sie zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen erfolgt.) Die eingetragene Marke gibt ihrem Inhaber jedoch nicht das Recht, einem Dritten, wenn es sich bei diesem um eine natürliche Person handelt, zu verbieten, seinen Namen oder Adresse im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern dies den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht.

Wird – wie hier – eine ältere registrierte Marke vollständig in ein anderes Zeichen aufgenommen, so ist bei Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bzw -identität regelmäßig Verwechslungsgefahr anzunehmen, und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind. Vor dem Hintergrund, dass unstrittig weitgehende Warenidentität vorlag, bejahte das Berufungsgericht daher die Verwechslungsgefahr; auch weil das Kennzeichen der Beklagten zur Gänze die geschützte Wortmarke der Klägerin „Szigeti“ beinhaltet. Unterschiedliche Etikettengestaltung beseitige die Verwechslungsgefahr nicht, weil der Wortbestandteil maßgebend sei.

Bei der Beurteilung, ob eine Angabe den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel iSd § 10 Abs 3 MSchG entspricht, kommen als Unlauterkeitskriterien vor allem Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung oder das Vortäuschen einer vertraglichen Beziehung in Betracht (vgl diese Entscheidung). Zu § 9 UWG wurde bereits judiziert, dass der prioritätsjüngere Firmeninhaber bei der Neubildung seines Firmennamens alles Zumutbare vorkehren muss, um die Gefahr von Verwechslungen nach Möglichkeit auszuschalten; er muss vorhandene Ausweichmöglichkeiten benützen oder nach Möglichkeit unterscheidende Zusätze verwenden.

Die Beklagte trägt einen abweichenden Firmennamen, den sie jedoch weder im Ganzen noch in seinem phantasiegeprägten und nicht beschreibenden Teil zur Kennzeichnung ihrer Waren verwendete, sondern nur den Teil, der auch dem Namen ihres Geschäftsführers und Alleingesellschafters entspricht und der wiederum im Familiennamen mit der prioritätsälteren Wortmarke der Klägerin ident ist. Die Beklagte hat sich damit von ihrem eigenen Namen entfernt und sich der klägerischen Marke angenähert, um ihre gleichartigen Waren zu kennzeichnen. Diese vollständige Übernahme der Wortmarke der Klägerin als prägenden Bestandteil der Produktbezeichnung erachtete das Berufungsgericht als unlauter und nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entsprechend. Der OGH hielt diese Entscheidung für vertretbar.

 

Link zum Entscheidungstext

 

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