1. OLG Wien-Entscheidung vom 25.7.2023, 33 R 70/23s „DER KASTELLAN“:

Der Inhaber der Wortmarke „DER KASTELLAN“ erhob Widerspruch gegen diese Markenanmeldung (Wortbild):

Beide Marken waren im Wesentlichen für identische Dienstleistungen in Klasse 41 eingetragen. Das Patentamt gab dem Widerspruch statt. Dagegen richtete sich der Rekurs der Antragsgegnerin. Das OLG Wien bestätigte jedoch die Entscheidung des Patentsamtes.

Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen. Trotz der zusätzlichen Wort- und Bildbestandteile tritt die Wortfolge „Der Kastellan“ in der jüngeren Marke bereits nach dem Gesamteindruck nicht in den Hintergrund. Die Berufsbezeichnung „Kastellan“ ist heutzutage wenig bis nicht mehr gebräuchlich oder gar unbekannt. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden daher mit dem „Kastellan“ nicht die Dienstleistungen der Klasse 41 in Verbindung bringen.

 

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2. OLG Wien-Entscheidung vom 19.7.2023, 33 R 47/23h „V“:

Die Antragstellerin beantragt die Eintragung der Wortmarke

V

(ein Buchstabe) für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 21, 29, 30, 31, 32, 35, 36, 37, 39, 41, 43 und 44. Das Patentamt hielt fest, dass das angemeldete Zeichen V für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG (Verkehrsgeltung) registrierbar sei. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin, dem das OLG Wien nicht Folge gab.

Von der Registrierung als Marke sind nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen. Der Buchstabe „V“ ist als Abkürzung für „vegetarisch“ oder „vegan“ gebräuchlich. Diese Eigenschaften sind jedenfalls für Lebensmittel relevant. Sie haben aber auch für die Beschreibung anderer Gegenständen, etwa Kleidung, Accessoires, Reinigungsmittel und Geschirr, Bedeutung. Die von den hier relevanten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise werden das Zeichen als Hinweis darauf wahrnehmen, dass ein Produkt ohne Fleisch oder überhaupt ohne tierische Zusätze hergestellt ist, oder solche Produkte hinter den angebotenen Dienstleistungen stehen. Da sich das Zeichen als durchaus gängige Abkürzung für „vegetarisch“ oder „vegan“  etabliert hat, eignet es sich nicht als Herkunftshinweis. Hinzu kommt, dass die zumindest im schriftlichen Sprachgebrauch etwa in Speisekarten übliche Verwendung des Zeichens „V“ ein Freihaltebedürfnis begründet. Das Zeichen ist nicht unterscheidungskräftig.

 

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3. OLG Wien-Entscheidung vom 18.7.2023, 33 R 49/23b „MARS“ vs „BIOGENA MARS“:

Die Inhaberin zweier Wortmarken mit dem Wortlaut „MARS“ erhob Widerspruch gegen folgende Wort-Bild-Marke:

Alle Marken beanspruchen Schutz für Waren in Klasse 5.

Das Patentamt gab dem Widerspruch statt. Der Rekurs der Antragsgegnerin blieb ohne Erfolg. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen. Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen. Sowohl die Wortbildmarke der Antragsgegnerin als auch jene der Antragstellerin enthalten das Wort „MARS“ in Großbuchstaben. Das Wort MARS ist in einer größeren Schrift dargestellt als BIOGENA. Auch dass sich das Symbol ® nicht neben BIOGENA, sondern neben MARS findet, erweckt den Eindruck, dabei handle es sich um den „wichtigen“ und damit dominierenden Bestandteil des Zeichens. Im Übrigen genügt das Hinzufügen des Namens (des Unternehmens) zu einem charakteristischen und auffallenden Teil der Bezeichnung eines Konkurrenten nicht, um die Verwechslungsgefahr auszuschalten.

 

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4. OLG Wien-Entscheidung vom 13.7.2023, 33 R 24/23a „DA“ vs „DA PROFESSIONAL“:

Die Inhaberin der Wortmarke „DA“ (Klasse 35) erhob Widerspruch gegen die Markenanmeldung „DA PROFESSIONAL“ (Klassen 16, 35 und 41). Das Patentamt gab dem Widerspruch teilweise Folge und hob die Registrierung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 auf. Der Rekurs der Antragstellerin gegen diesen Beschluss erwies sich als berechtigt. Das OLG Wien bejahte das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zwischen den Marken DA und DA Professional. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus dem selben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Die ältere Marke wurde vollständig in das Zeichen der Antragsgegnerin aufgenommen. Der weitere Markenbestandteil „Professional“ hat keine eigenständige, die jüngere Marke in irgendeiner Form eine prägende Bedeutung; der Beisatz weist keine Unterscheidungskraft auf, sondern dient nur einer Beschreibung der Marke und der dahinterstehenden Dienstleistungen als „professionell“. Es liegt nahe, dass ein Unternehmen oder ein (potentieller) Arbeitnehmer, das/der die Antragstellerin im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Personalauswahl und Personalbewertung kennt und unter der Marke „DA Professional“ das Angebot einer der genannten Dienstleistungen der Antragsgegnerin sieht, annimmt, dass die Dienstleistungen vom selben Unternehmen angeboten werden. Eine Berührung besteht auch mit Dienstleistungen, die das Ziel haben, das Unternehmen auf dem (Arbeits)Markt bekannt machen. Das betrifft alle Arten von Veranstaltungen und die Bereitstellung von Werbematerial. Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmensberater, der im Bereich Mitarbeiterrekrutierung und -bewertung bekannt ist, auch Bildung und Lernmaterial anbietet (Klasse 16). Das OLG Wien gab dem Widerspruch daher vollumfänglich (auch in Klassen 16 und 41) statt.

 

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