OGH-Entscheidung vom 31.5.2023, 4 Ob 8/23i
Sachverhalt:
Das beklagte Unternehmen ist Inhaber eines Instagram-Accounts. Dort können Betrachter nicht nur Postings des Unternehmens sehen, sondern auch Postings, in denen das Unternehmen „getaggt“ (markiert) wurde. Neben Bildern und Reels (Kurzvideos), sind diese markierten Postings in einem eigenen Reiter eines Profils abrufbar. In einem dieser Postings wurde das Unternehmen von einem anderen Nutzer auf einem Bild markiert, auf mit dem Tirol-Logo gekennzeichnete Produkte zu sehen waren. Das betreffende Tirol-Logo ist eine registrierte Marke.
Die Klägerin begehrte vor Gericht, die Beklagte zur Unterlassung der Werbung mit dem Tirol-Logo zu verurteilen, sofern sie nicht über ein entsprechendes Lizenzrecht verfüge.
Das beklagte Unternehmen entgegnete, dass es in Bezug auf ihre Instagram-Seite nicht für fremde „getaggte“ Postings dritter Nutzer haften würden.
Entscheidung:
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Der OGH wies die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten zurück.
Der OGH verwies zunächst darauf, dass das Haftungsprivileg nach § 16 Abs 1 ECG lediglich eine allfällige Schadenersatzhaftung und die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließt, aber nicht für verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gilt. Der Unterlassungsanspruch nach § 2 UWG setzt kein Verschulden voraus.
Wer auf seiner Website einen Link zu einer fremden Website setzt, veranlasst zurechenbar, dass der Internet-Nutzer von seiner Seite auch auf den Inhalt der fremden Seite zugreifen kann. Er vermittelt also den Zugriff auf die fremde Seite und trägt – als Gehilfe – zu deren Sichtbarmachung bei. Der Linksetzer macht sich das Angebot auf der fremden Seite zu eigen und hat dafür lauterkeitsrechtlich einzustehen. Der OGH scheint diesen Grundsatz also auch auf Social Media Accounts mit markierten Postings anwenden.
Im vorliegenden Fall war das Foto nicht erst nach Anklicken eines Links, sondern bereits im Bereich „Markiert“ des Instagram-Accounts der Beklagten zu sehen. Die Zurechnung der unberechtigten Verwendung des Tirol-Logos durch die Beklagte wurde daher bejaht.
Auf die geringe Größe des „Tags“ kam es nicht an. Das Publikum ist gewöhnt, dass Auszeichnungen auf Produktverpackungen nicht übermäßig groß abgebildet werden. Die Erheblichkeitsschwelle wurde dadurch überschritten.
Weitere Blog-Beiträge zum Thema unlautere Irreführung:
Irreführung: Linksetzer muss sich Inhalt fremder Website als eigenen zurechnen lassen
„Offizielles“ Tirol-Logo nach Ablauf des Lizenzvertrages weitergenutzt: Unlautere Irreführung
Reichweitenwerbung: 27% sind ein Drittel? Irreführung durch Blickfang.
(Verfrühte) Werbung mit Alleinvertriebsrecht: Unlautere Irreführung
Beworbene Ersparnis wird nur kurzfristig erzielt: Unlautere Irreführung
Vortäuschen einer langjährigen Tradition ist unlautere Irreführung iSd § 2 UWG
OGH nach EuGH: Irreführung nur aus Sicht des Verbrauchers maßgeblich