OGH-Entscheidung vom 23.9.2022, 4 Ob 79/22d
Sachverhalt:
Die Streitparteien sind jeweils Medieninhaber von Websites, auf denen redaktionelle Inhalte und Anzeigen iSd § 26 MedienG veröffentlicht werden. Die Beklagte bietet auf ihrer Website Gutscheine bestimmter Unternehmen an, unter anderem mit dem unrichtigen Hinweis „[…]-Gutschein Spare jetzt exklusiv 10 % auf ALLES!“. Tatsächlich gewährt das betreffende Unternehmen den Inhabern eines derartigen Gutscheins keinen 10 %-Rabatt auf jeden Kauf.
Die Klägerin klagte auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung. Die Beklagte solle es unterlassen, Vorzüge eines Gutscheines zu behaupten, wenn diese Vorzüge tatsächlich nicht oder nur in geringerem Ausmaß bestehen. Das Verhalten der Erstbeklagten erfülle den Irreführungstatbestand des § 2 Abs 4 UWG.
Entscheidung:
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren Folge und trug die Urteilsveröffentlichung auf der Startseite der Website auf. Das Berufungsgericht änderte lediglich den Ort der Urteilsveröffentlichung ab und trug diese auf einer Unterseite der Website auf. Der OGH befand die dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionen beider Parteien für unzulässig.
Die Bewerbung des Gutscheins auf der Website der Beklagten lautete „Spare jetzt exklusiv 10 % auf ALLES!“. Diese Werbeaussage war falsch, weil es die 10 % Ersparnis nicht gab, wenn der Preis der Ware bereits reduziert war oder wenn ein Mindestbestellwert nicht überschritten wurde. Für einen Interessenten wirkte der Gutschein in der auf der Website angepriesenen Form somit erheblich attraktiver als er tatsächlich war. Seine frühere Entscheidung „100 Euro Rabatt auf alles“ erachtete der OGH insofern nicht einschlägig, als dort – anders als hier – den angesprochenen Lesern bewusst war, dass der Preisnachlass ab einer Mindestbestellmenge gewährt wird. Daher schloss sich der OGH den Vorinstanzen an, die eine Irreführung bejaht hatten.
Zum Ort der Urteilsveröffentlichung sprach der OGH aus, dass die Urteilsveröffentlichung bei in Druckschrift begangenen Wettbewerbsverstößen regelmäßig an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift vorzunehmen ist wie der Lauterkeitsverstoß. Da die unlautere Werbeaussage auf der Unterseite „Gutscheine“ auf der Website der Beklagten getätigt wurde, hielt der OGH die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts vertretbar, wonach die Urteilsveröffentlichung nicht auf der Startseite, sondern (bloß) auf dieser Unterseite zu erfolgen hat.
Weitere Blog-Beiträge zum Thema Irreführung:
Blickfangwerbung: Irreführung durch unauffälligen Hinweis in TV-Werbespot (UWG)
Beworbene Ersparnis wird nur kurzfristig erzielt: Unlautere Irreführung
Vortäuschen einer langjährigen Tradition ist unlautere Irreführung iSd § 2 UWG
Irreführung: Linksetzer muss sich Inhalt fremder Website als eigenen zurechnen lassen
Reichweitenwerbung: 27% sind ein Drittel? Irreführung durch Blickfang.
(Verfrühte) Werbung mit Alleinvertriebsrecht: Unlautere Irreführung
„Offizielles“ Tirol-Logo nach Ablauf des Lizenzvertrages weitergenutzt: Unlautere Irreführung