OGH-Entscheidung vom 23.11.2021, 4 Ob 187/21k

 

Sachverhalt:

Die Streitparteien sind jeweils Medieninhaber von Tageszeitungen sowie der zugehörigen Internetseiten. Auf der Website der Beklagten wurden mit den Worten „100 Euro Rabatt auf alles“ Gutscheine angepriesen, die bei einem anderen Unternehmen eingelöst werden konnten. Nach Anklicken des Buttons „Details anzeigen“ wurde man zur Website dieses Unternehmens weitergeleitet. In den dortigen „Angebotsbedingungen“ wurde darauf verwiesen, dass der Rabatt erst ab einem Mindestbestellwert von EUR 600 gewährt wurde.

Die Klägerin hielt das für irreführend und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung; das Rekursgericht wies den Antrag hingegen ab. Der OGH gab dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge.

Wie die angesprochenen Kreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung vor Geschäftsabschluss geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Für die Irreführung durch Unterlassen kommt es darauf an,

a) ob wesentliche Umstände verschwiegen werden, die der Durchschnittsverbraucher zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung benötigt, und

b) ob sich dies auf sein geschäftliches Verhalten auszuwirken vermag; dabei ist

c) den allenfalls beschränkten Möglichkeiten zur Informationsvermittlung Rechnung zu tragen.

§ 2 Abs 4 UWG erfasst auch Geschäftspraktiken, die bloß einen durch Irreführung verursachten Anlockeffekt entfalten und bei denen der beim Verbraucher zunächst veranlasste Irrtum durch eine nachträgliche Ergänzung und/oder Richtigstellung der Produktinformation noch vor dem Zeitpunkt seiner endgültigen geschäftlichen Entscheidung aufgeklärt wird (siehe u.a. diese Entscheidung). Welche Informationen dabei wesentlich sind, richtet sich ebenso nach den Umständen des Einzelfalls wie die Frage, ob die Form der Aufklärung im Anlassfall ausreichend war.

Der OGH schloss sich der Rechtsansicht des Rekursgerichtes an und verneinte das Vorenthalten wesentlicher Informationen bzw eine damit im Zusammenhang stehende Irreführung. Alle Gutscheinbedingungen konnten durch naheliegendes Anklicken des Buttons Details anzeigen“ in Erfahrung gebracht werden.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

 

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