OGH-Entscheidung vom 23.11.2021, 4 Ob 157/21y
Sachverhalt:
Die Klägerin vertreibt Strom und Gas an Endkunden. Die Beklagte erarbeitet Kostenvergleiche verschiedener Strom- und Gasanbieter und bietet diese potenziellen Kunden an. Entscheidet sich ein Kunde zum Abschluss eines neuen Angebots, erhält die Beklagte ein Honorar.
Die Beklagte verwendet bei ihren Vergleichen Bezeichnungen wie „Stromkosten exklusive Wechselprämie“ und „NEU: Stromkosten mit Wechselprämie“. Die „Stromkosten mit Wechselprämie“ gelten nur im ersten Jahr nach dem Anbieterwechsel, während in den Folgejahren nach dem regulären Tarif des neuen Anbieters erheblich höhere Stromkosten entstehen
Die Klägerin klagte u.a. auf Unterlassung und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Entscheidung:
Die Vorinstanzen erließen bzw. bestätigten die einstweilige Verfügung, weil die beworbene Ersparnis in Wahrheit nur im ersten Jahr nach dem Wechsel, insbesondere aufgrund einer besonderen Wechselprämie erzielt werden kann, während der Kunde in den nachfolgenden Vertragsjahren Stromkosten beim neuen Lieferanten zu tragen hat, die über jenen liegen, die der Kunde bei der Klägerin zu tragen hatte bzw hätte, oder die diese zumindest nicht deutlich unterschreiten. Die Preisvergleiche der Beklagten seien irreführend, weil wesentliche Informationen fehlen, nämlich wie lange der günstige Preis gelte.
Der OGH gab dem außerordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht Folge. Wie die angesprochenen Marktteilnehmer eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Weil für die Adressaten der Kostenvergleiche gar nicht erkennbar war, dass die von der Beklagten für den Preisvergleich herangezogenen „Stromkosten mit Wechselprämie“ nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, ist es auch ohne Belang, ob dieser Zeitraum der maximalen Bindungsfrist für Stromkunden gemäß § 76 Abs 1 ElWOG entspricht. Die Vorinstanzen bejahten die Irreführungseignung gerade deshalb, weil die Beklagte in ihren Kostenvergleichen eben nicht darauf hinwies, dass der Kunde im Fall eines Anbieterwechsels nur im ersten Vertragsjahr vom „garantiert günstigeren“ Preis profitieren konnte.
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