OGH-Entscheidung vom 20.5.2014, 4 Ob 42/14a

Sachverhalt:

Die Streitparteien im vorliegenden Verfahren sind zwei Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen. Auf einem unmittelbar an das Betriebsgelände des einen Herstellers (der gefährdeten Partei) angrenzenden Grundstück wurde ein Fahnenmast errichtet und dort eine Fahne mit der Aufschrift „[Name der Mitbewerberin] Feuerwehrfahrzeuge“ aufgehängt. Diese Fahne konnte für zufahrende Personen aus beiden Richtungen wahrgenommen werden, ebenso von einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen und von der gefährdeten Partei verwendeten Parkplatz.

Die gefährdete Partei beantragte daraufhin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es die Mitbewerberin (zusammengefasst) zu unterlassen habe, mit einer Fahne Kunden- und Interessentenströme der gefährdeten Partei umzuleiten.

Entscheidung:

Erst- und Rekursgericht wiesen den Antrag ab. Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen:

Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1 UWG vor der UWG-Novelle 2007 war das planmäßige Verteilen von Werbezetteln vor dem Geschäft eines Konkurrenten in der Absicht, diesem Kunden auszuspannen, sittenwidrig. Planmäßigkeit des Handelns erforderte danach das Hinzutreten eines subjektiven Unrechtselements, das in der Regel in der Absicht besteht, den Geschäftsbetrieb des Mitbewerbers durch eine gezielte Maßnahme zu beeinträchtigen und zu schädigen.

Auch nach der UWG-Novelle 2007 ist dem Grundsatz zu folgen, dass es zum Wesen des freien Wettbewerbs gehört, durch ein attraktiveres Angebot zielbewusst in den Kundenkreis von Konkurrenten einzudringen. Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist daher nicht schon an sich wettbewerbswidrig. Niemand hat Anspruch auf die Wahrung seiner Position. Nur die Art und Weise, wie die Beeinträchtigung des Mitbewerbers geschieht, kann eine Wettbewerbshandlung unzulässig machen. Nur bei Hinzutreten besonderer Umstände, die den Leistungswettbewerb zum Behinderungswettbewerb machen, seien Maßnahmen unlauter. Soweit kein gezieltes Abfangen von Kunden vorliegt, ist Werbung in unmittelbarer Nähe des Geschäfts eines Mitbewerbers zulässig.

Zusammengefasst kam der OGH daher zu dem Ergebnis, dass Werbemaßnahmen in räumlicher Nähe zu Mitbewerbern lauterkeitsrechtlich zulässig sind, wenn sie den angesprochenen Verkehrskreisen eine ruhige, von jeder Übereilung freie vergleichende Prüfung der beiden Leistungsangebote ermöglichen und sie weder in ihrer Bewegungsfreiheit noch psychisch oder physisch am Leistungsvergleich gehindert werden. Mitbewerber dürfen weder durch gezieltes Abfangen von Interessenten geschädigt, noch daran gehindert werden, ihre eigenen Angebote in einem sachlichen Leistungsvergleich ungestört zu präsentieren.