OGH-Entscheidung vom 28.9.2021, 4 Ob 108/21t

 

Sachverhalt:

Die beiden Streitparteien sind mit der Sammlung von Altkleidern befasst. Die Beklagte gestaltete ihre Container wie folgt; u.a. mit großflächigen Verweisen auf karitative Organisationen:

In Wirklichkeit erhielten die genannten Organisationen jedoch nur ein geringer Bruchteil des Erlöses. Die Klägerin erachtete dies als irreführend und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und klagte u.a. auf Unterlassung.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Gegen die Beklagte wurde eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach sie es zu unterlassen habe, beim Sammeln von Altkleidern karitative Organisationen blickfangartig in den Vordergrund zu stellen, sodass der Eindruck entsteht, dass diese Organisationen entweder die Sammlung selbst organisieren oder diese den Großteil des Gewinns erhalten.

Die Aufmachung sei als irreführende Geschäftspraktik nach § 2 UWG zu beurteilen, zumal – der Wahrheit zuwider – suggeriert werde, dass die Kleidersammlung unter der Verantwortung der genannten karitativen Einrichtungen erfolge bzw. diese einen nicht unbeträchtlichen Teil des Erlöses erhielten. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten zurück. Wie die angesprochenen Kreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab.

Die unrichtige Behauptung einer Spende eines Teils der Einnahmen für wohltätige Zwecke kann eine relevante Irreführung begründen.

Die Beklagte habe gegenüber dem gut unterrichteten, angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher den unrichtigen Eindruck erweckt, alle von ihr im Rahmen der beanstandeten Kleidersammlung erzielten Einnahmen (oder zumindest der größte Teil davon) kämen bestimmten karitativen Organisationen zugute, während diesen in Wirklichkeit nur ein geringer Bruchteil des Erlöses zufließt, worüber aufzuklären gewesen wäre. Ob die hervorgehobenen karitativen Organisationen mit dem Ergebnis zufrieden sind, ändert an der Täuschungseignung nichts.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

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