EuGH-Entscheidung v 19.9.2013, Rs C-435/11

Der EuGH entschied kürzlich über ein vom OGH vorgelegtes Vorabentscheidungsersuchen.

Sachverhalt:

Ein auf die Vermittlung von Winterurlauben und Skikursen spezialisiertes Reisebüro aus Innsbruck (Team4 Travel) gab in einer Broschüre für britische Schülergruppen an, dass bestimmte Hotels zu bestimmten Terminen exklusiv über dieses Reisebüro gebucht werden können. Das Reisebüro hatte sich diese Exklusivität von den betreffenden Hotels tatsächlich auch vertraglich zusichern lassen.
Die Hotels hielten sich jedoch nicht an die Vereinbarung und räumten einem weiteren konkurrierenden Reiseveranstalter (CHS Tour Service) Kontingente für dieselben Termine ein.
Team4 Travel wusste zum Zeitpunkt der Verbreitung der Broschüren aber nichts davon.
CHS Tour Service klagte Team4 Travel daraufhin mit der Begründung auf Unterlassung, Team4 Travel verstoße mit der Exklusivitätsbehauptung gegen das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken. Die behauptete Exklusivität sei irreführend.

Bisheriges Verfahren in Österreich:

Während die ersten beiden Instanzen das Unterlassungsbegehren abwiesen, da aufgrund der vertraglich zugesicherten Exklusivität kein Verstoß gegen die beruflichen Sorgfaltspflichten vorliege, legte der OGH diese Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Der Inhalt der verteilten Broschüren sei objektiv falsch, aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers stelle die Information eine irreführende Geschäftspraxis dar.
Aus Sicht des OGH war jedoch vom EuGH zu beantworten, ob vor Einstufung einer Geschäftspraxis als irreführend darüber hinaus geprüft werden müsse, ob die Praxis den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widersprechen müsse, da dies im vorliegenden Fall nicht zutreffen würde. Team4 Travel habe schließlich alles getan um die Exklusivität zu gewährleisten.

Entscheidung des EuGH:

Der EuGH beantwortete die Frage dahingehend, dass nicht geprüft werden brauche, ob eine Geschäftspraxis auch den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widerspricht, um als unlauter und damit verboten angesehen werden zu können. Der irreführende Charakter einer Geschäftspraxis hängt alleine davon ab, dass sie unwahr ist, weil sie falsche Angaben enthält, oder dass sie ganz allgemein den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf u.a. die Art oder die wesentlichen Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung zu täuschen geeignet ist und ihn dadurch voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ohne diese Praxis nicht getroffen hätte.

Liegen diese Merkmale vor, ist die Geschäftspraxis irreführend und mithin unlauter und verboten, ohne Rücksicht darauf, ob den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widersprochen wurde.
Insgesamt ist die Sicht des Verbrauchers wesentlich. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken soll ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten.