OLG Wien-Entscheidung vom 21.11.2023, 33 R 121/23s

 

Sachverhalt:

In diesem Widerspruchsverfahren standen einander folgende Marken gegenüber:

OKITALK

für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38, 41 und 45

und

OKiTALK

für Dienstleistungen der Klasse 38.

Der Antragsteller brachte in seinem Widerspruch vor, er sei seit 2010 Markeninhaber. Durch interne Differenzen im Verein des Antragsgegners sei er als Obmann ausgewechselt worden. Der nunmehrige Obmann und sein Stellvertreter hätten irrtümlich, möglicherweise auch bösgläubig, die neue Marke angemeldet.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Widerspruchs und die Bescheinigung der rechtserhaltenden Benutzung der Marke durch den Antragsteller. Zunächst habe der Antragsteller die Marke selbst benutzt. Mit der Vereinsgründung vor mehr als fünf Jahren habe er alle privaten „OKiTALK-bezogenen“ Tätigkeiten eingestellt. Diese seien dann vom Antragsgegner ausgeführt worden. Somit habe der Antragsgegner und nicht der Antragsteller die Marke benutzt.

Der Antragsteller brachte vor, zum Nachweis der Benutzung der Marke keine Unterlagen parat zu haben. Allerdings habe er sie dem Antragsgegner bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt.

Die Rechtsabteilung des Patentamtes wies den Widerspruch daraufhin ab.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien gab dem Rekurs des Widersprechenden Folge.

Sofern ein Widerspruch auf eine Marke gestützt wird, die älter als 5 Jahre ist, kann der Antragsgegner verlangen, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke durch den Antragsteller nachgewiesen wird.

Im vorliegenden Fall bejahte das OLG Wien die rechtserhaltende Benutzung, weil der Antragsteller die Widerspruchsmarke ausgerechnet dem Antragsgegner bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt hat. Auch der Antragsgegner bestätigte dies in seiner Äußerung, wonach die Wortmarke deshalb über mehr als fünf Jahre nicht vom Antragsteller persönlich benutzt worden sei, weil er sie als Vereinsobmann dem Antragsgegner zur Benutzung überlassen habe. Dieses übereinstimmende Vorbringen der Parteien führte dazu, dass die Einrede der Nichtbenutzung ins Leere gehen musste, weil der Antragsgegner selbst zugestand, die Marke als „Dritter“ mit Zustimmung des Antragstellers in den letzten fünf Jahren benutzt zu haben.

Bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr kam das OLG Wien zu dem Ergebnis, dass hier beinahe Zeichenidentität vorliegt. Die beiden Wortmarken unterscheiden sich lediglich in einem Buchstaben. Während das „I“ in der älteren Wortmarke großgeschrieben ist, enthält das jüngere Wortzeichen ein „kleines i“. Abgesehen davon liegt bildliche und klangliche Zeichenidentität vor, sodass sich daraus schon die Verwechslungsgefahr ableiten lässt. Dieser hohe Ähnlichkeitsgrad könnte nur durch einen großen „Dienstleistungsabstand“ ausgeglichen werden, was hier aber auch nicht der Fall ist. Die Überschneidungen in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 38 sind eindeutig.

Die Registrierung der jüngeren Marke war insgesamt aufzuheben.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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