OLG Wien-Entscheidung vom 11.9.2025, 33 R 120/25x

 

Sachverhalt:

Gegenstand des Verfahrens war ein Widerspruch gegen die österreichische Wortmarke „Elyse“, die für alkoholische Getränke der Klasse 33 eingetragen war. Die Antragstellerin stützte ihren Widerspruch auf ihre ältere internationale Formmarke, die ebenfalls für alkoholische Getränke mit Ausnahme von Bieren eingetragen ist. Bei dieser Formmarke handelt es sich um die dreidimensionale Darstellung einer Sektflasche, die verschiedene Gestaltungselemente aufweist. Auf dem Flaschenhals befindet sich eine bedruckte Folie mit einem Fantasiewappen und dem in Schreibschrift gestalteten Wort „Freixenet“. Der Flaschenkörper weist helle grafische Elemente auf. Das prägende Element der Formmarke ist jedoch der in einem Rechteck hervorgehobene Wortbestandteil „ELYSSIA“, der in Blockbuchstaben geschrieben ist:

Die Antragsgegnerin wandte gegen den Widerspruch ein, dass zwischen einer Wortmarke und einer Formmarke von vornherein kaum Verwechslungsgefahr bestehen könne. Zudem weise nur ein minimales Detail der Formmarke eine Ähnlichkeit mit der Wortmarke auf. Das prägende Unterscheidungsmerkmal sei demgegenüber das in der Formmarke enthaltene Wort „Freixenet“.

Die Rechtsabteilung des Patentamts gab dem Widerspruch dennoch statt und hob die Registrierung der jüngeren Marke hinsichtlich aller Waren auf. Gegen diese Entscheidung erhob die Antragsgegnerin Rekurs.

 

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Wien bestätigte das Gericht die Entscheidung des Patentamtes und wies den Rekurs ab. Der Inhaber einer früher angemeldeten Marke kann gegen die Registrierung einer Marke Widerspruch erheben, wenn die beiden Marken und die davon erfassten Waren oder Dienstleistungen gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslung besteht. Diese Verwechslungsgefahr schließt auch die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Das OLG Wien stellte zunächst fest, dass die von den gegenständlichen Marken umfassten Waren teilweise identisch, teilweise ähnlich sind. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen. Dabei sind die unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen. Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf Einzelheiten achtet.

Entscheidend war die Ähnlichkeit der dominierenden Wortbestandteile. Das Gericht stellte fest, dass die ältere Formmarke trotz grafischer Elemente eindeutig durch den in Blockbuchstaben hervorgehobenen Begriff „ELYSSIA“ geprägt wird. Die jüngere Wortmarke „Elyse“ weist aufgrund der identen Wortanfänge und des ähnlichen klanglichen und visuellen Eindrucks eine hohe Zeichenähnlichkeit auf. Auch im begrifflichen Bereich sah das OLG eine Annäherung, da beide Begriffe eine erhabene, edel wirkende Konnotation transportieren, wenngleich sie unterschiedlicher Herkunft sind.

Die Antragsgegnerin hatte argumentiert, dass die Bildbestandteile der Formmarke, insbesondere die Form der Sektflasche, die bedruckte Folie mit dem Fantasiewappen und dem Wort „Freixenet“ auf dem Flaschenhals sowie die hellen grafischen Elemente auf dem Flaschenkörper, eine Verwechslungsgefahr ausschließen würden. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Es stellte fest, dass all diese Elemente gegenüber dem Wortbestandteil „ELYSSIA“ in den Hintergrund treten.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass angesichts des Gesamteindrucks, den die in Rede stehenden Marken hinterlassen, sowie der Identität und Ähnlichkeit der davon umfassten Waren jedenfalls eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn vorliegt. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn ist anzunehmen, wenn der Anschein eines besonderen Zusammenhangs wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur zwischen den beiden Unternehmen erweckt wird.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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