OGH-Entscheidung vom 27.8.2024, 4 Ob 194/23t

 

Sachverhalt:

Ein Lebensmittel-Discounter ist die Inhaber der Wortbildmarke „bella casa“ mit Zusatz „modernes wohnen

unter anderem geschützt für Waren der Klassen 20 (darunter Dekorationsartikel [Innenausstattung]), 21 (zahlreiche Haushaltswaren) sowie 27 (Teppiche).

Die Erstbeklagte handelt unter dem Kennzeichen „bellahome“ mit Teppichen, Dekorationsartikeln und Haushaltswaren verschiedener Hersteller und Marken. Der Zweitbeklagte ist der Inhaber der Wortbildmarke „bellahome“ mit Zusatz „Teppich, Dekoartikel, Haushaltswaren“, die nur für bestimmte Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 geschützt sind.

Der klagende Lebensmittel-Discounter begehrte vor Gericht (u.a.) die Unterlassung der Benutzung der Wortbildmarken „bellahome“, des Wortzeichens „bellahome“, der Domain www.bellahome.at und ähnlicher Zeichen in der Europäischen Union zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen, insbesondere von Teppichen, Dekoartikeln und Haushaltswaren. Außerdem machte die Klägerin Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunft, Zahlung und Urteilsveröffentlichung geltend.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, zwischen den Zeichen der Parteien bestehe keine Verwechslungsgefahr. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil im Umfang der Abweisung des Unterlassungsbegehrens auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Gegen die Abweisung der Begehren auf Rechnungslegung, Auskunft, Zahlung und Veröffentlichung richtet sich die Revision der Klägerin

Der OGH lies die Revision zur Klarstellung zu, befand sie aber für nicht berechtigt.

Die Erstbeklagte vertreibt unter den Wortbildzeichen des Zweitbeklagten Teppiche, Dekorationsartikel und Haushaltswaren. Diese Waren sind im Wesentlichen identisch mit Waren, für die die Klagemarke geschützt ist. Bei einer Identität der Waren oder Dienstleistungen ist die Verwechslungsgefahr allein nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen. Dafür sind die Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen, wobei in der Regel die Verwechslungsgefahr nach einem Gesichtspunkte genügt. Entscheidend ist die Wirkung auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet. Diese ist anhand des Gesamteindrucks und nicht anhand einer zergliedernden Betrachtung der Einzelheiten zu ermitteln. Bei Wortbildzeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, sofern er unterscheidungskräftig ist. Nicht schützbare oder schwache Bestandteile, die den Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verneinte der OGH die Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und den Zeichen der Beklagten trotz der Warenidentität. Der italienische und spanische Begriff „bella“ wird am Markt sehr häufig zur Bezeichnung von Unternehmen oder deren Waren und Dienstleistungen verwendet. „bella casa“ werde als Übersetzung von „schönes Zuhause“ verstanden; daher als geradezu typische Bezeichnung für die hier zu beurteilenden Waren, die nach seinem Verständnis maßgeblich zu einem „schönen Zuhause“ beitragen. Der Wortbestandteil der Klagemarke ist damit, sofern überhaupt unterscheidungskräftig oder nicht sogar beschreibend, nur ein sehr schwaches Zeichen. Damit reichen bereits geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diese sind hier gegeben: „casa“ wurde durch das englische „home“ ersetzt. Die grafische Gestaltung hebt sich durch zahlreiche den Gesamteindruck prägende Elemente von jener der Klagemarke ab, etwa die Schriftart, die farbliche Gestaltung und die Zusätze.

Der vom Berufungsgericht teilweise bejahte Eingriff der Beklagten in das Markenrecht der Klägerin scheitert daher am Fehlen der Verwechslungsgefahr. Mangels eines Markenrechtseingriffs befand der OGH die Abweisung des Rechnungslegungs- und des Zahlungsbegehrens sowie des Auskunfts- und des Veröffentlichungsbegehrens im Ergebnis nicht für korrekturbedürftig.

 

 

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