EuG-Urteil vom 1.10.2025, Rechtssache T‑566/24

 

Sachverhalt:

Die Anmelderin, ein polnisches Unternehmen, beantragte beim EUIPO die Eintragung einer Unionsmarke für verschiedene Waren der Klassen 6, 16 und 21, darunter Aluminiumfolien, Müllbeutel, Backpapier sowie Haushalts- und Küchenutensilien:

Gegen diese Anmeldung legte die Obi Group Sourcing GmbH, Rechtsnachfolgerin der Emil Lux GmbH & Co. KG, Widerspruch ein. Sie berief sich auf eine ältere Unionsbildmarke, die ebenfalls Waren derselben Klassen umfasste:

Der Widerspruch stützte sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Unionsmarkenverordnung, wonach eine Marke nicht eingetragen werden darf, wenn wegen Ähnlichkeit der Zeichen und Waren eine Verwechslungsgefahr besteht.

Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch statt, wogegen die Anmelderin Beschwerde einlegte. Die Beschwerdekammer des EUIPO wies diese zurück. Gegen diese Entscheidung erhob die Anmelderin Klage vor dem EuG.

 

Entscheidung:

Das EuG bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer, dass die relevanten Waren identisch sind und sich an den Durchschnittsverbraucher in der gesamten Union richten, wobei für die Beurteilung auf das italienisch- und spanischsprachige Publikum abgestellt wurde.

Eine zentrale Frage war, ob das gemeinsame Wortelement „lux“ unterscheidungskräftig ist oder ob es lediglich als Anklang an das englische Wort „luxury“ und damit als werbend oder beschreibend zu verstehen sei.

Das EuG verneinte dies aus mehreren Gründen. Erstens würden die italienischen und spanischen Begriffe für „Luxus“, nämlich lusso und lujo, deutlich von „luxury“ abweichen. Deshalb könne nicht angenommen werden, dass der durchschnittliche italienisch- oder spanischsprachige Verbraucher automatisch eine Verbindung zwischen „lux“ und „luxury“ herstelle. Zweitens betonte das EuG, dass „luxury“ nicht zum grundlegenden englischen Wortschatz gehöre, der üblicherweise auch von nicht englischsprachigen Verbrauchern verstanden werde. Der bloße Umstand, dass sich englische Wörter im europäischen Sprachgebrauch ausbreiten, genüge nicht, um davon auszugehen, dass die Mehrheit der Verbraucher diesen Begriff kenne oder seine Abkürzung „lux“ als Hinweis auf Luxusprodukte verstehe.

Drittens verwies das Gericht auf den Kontext der betroffenen Waren. Die beanspruchten Produkte seien einfache Haushaltsartikel wie Müllbeutel, Aluminiumfolie und Küchenschwämme, die üblicherweise nicht mit Luxus oder gehobenem Konsum assoziiert würden. Selbst wenn ein Teil der Verbraucher die Verbindung zu „luxury“ erkennen würde, wäre sie in Bezug auf diese Waren fernliegend und daher nicht beschreibend.

Damit bestätigte das Gericht die Entscheidung der Beschwerdekammer, dass „lux“ für einen nicht unerheblichen Teil des italienisch- und spanischsprachigen Publikums bedeutungsneutral und daher unterscheidungskräftig ist. Die übrigen Elemente der Zeichen, dh „1991“ im Zeichen der Klägerin und „tools“ im älteren Zeichen, seien schwach und prägten den Gesamteindruck nicht wesentlich.

Das EuG kam zu dem Ergebnis, dass wegen der Identität der Waren und der durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnte, die betroffenen Produkte stammten aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen.

Das EuG bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer und bejahte das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr. Die Klage wurde daher abgewiesen.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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