OGH-Entscheidung vom 22.7.2025, 4 Ob 71/25g
Sachverhalt:
Ein international tätiges Medienunternehmen betreibt einen privaten Fernsehsender und produziert u.a. eine TV-Serie. Der Beklagte war in den ersten beiden Staffeln dieser Serie beratend tätig. Er klagte später auf Feststellung gesetzlicher Vergütungsansprüche für die ersten 16 Episoden. Sowohl das LG Salzburg (1. Instanz) als auch das OLG Linz (2. Instanz) wiesen die Klage ab. Gegen diese Entscheidung erhob der Beklagte eine außerordentliche Revision.
Im Juni 2024 schrieb der Rechtsvertreter des Beklagten an eine Filmproduktionsgesellschaft, mit der die Klägerin ein neues Projekt plante, und wies darauf hin, dass ein Urheberrechtsstreit über die ersten 16 Episoden „noch nicht rechtskräftig abgeschlossen“ sei.
Die Klägerin klagte daraufhin auf Unterlassung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung. Sie argumentierte, das Schreiben erwecke den Eindruck, sie habe den Prozess (in erster und zweiter Instanz) verloren, und verschweige wesentliche Informationen, nämlich dass ihre Gegnerin bisher in allen Instanzen unterlegen war.
Entscheidung:
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab: Das Schreiben enthalte wahre Tatsachen und keine irreführenden Angaben. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Klägerin zurück.
§ 7 UWG schützt vor unwahren Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, Kredit oder Betrieb eines Unternehmens zu schädigen (siehe etwa HIER im BLOG). Ein Werturteil (also eine Äußerung, die sich als Ausdruck der subjektiven Meinung darstellt) begründet keinen Anspruch nach § 7 UWG. Dennoch dürfen auch Werturteile nicht schrankenlos öffentlich verbreitet werden: Das Überschreiten der Grenzen zulässiger Kritik durch einen massiven Wertungsexzess erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 UWG.
Das Schreiben lasse für einen unbefangenen Empfänger lediglich erkennen, dass der Rechtsstreit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Dem Schreiben war nicht zu entnehmen, dass der Beklagte bereits obsiegt hätte oder die Klägerin Urheberrechte verletzt habe. Der fehlende Hinweis auf das Obsiegen der Klägerin in den ersten beiden Instanzen ändert daran nichts. Vielmehr sei es eher naheliegend, dass eine obsiegende Partei diesen Umstand ausdrücklich erwähnen würde. Daher lag keine unrichtige Tatsachenbehauptung (§ 7 UWG, § 1330 ABGB) vor.
Rechtsfolgenbehauptungen können je nach Lage des Falls Tatsachenbehauptungen oder auch reine Werturteile sein. Schutzrechtsverwarnungen im Sinne eines Hinweises auf die Störung eines Schutzrechts (wie HIER) können als Rechtsfolgenbehauptung entweder als Tatsachenbehauptungen oder als bloße Werturteile qualifiziert werden (vgl HIER, HIER oder HIER im BLOG). Das Schreiben des beklagten stellte aber ausgehend von seinem Sinngehalt gerade keine Schutzrechtsverwarnung im Sinne der Behauptung eines Eingriffs in seine Urheberrechte dar.
Die weggelassenen Zusatzinformationen waren nicht wesentlich. Der Empfänger wisse durch den Hinweis auf die fehlende Rechtskraft, dass der Ausgang des Verfahrens offen ist. Für eine geschäftliche Entscheidung sei daher keine Kenntnis über den bisherigen Prozessausgang erforderlich. Somit verneinte auch der OGH eine Irreführung durch Unterlassen (§ 2 UWG).
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