OGH-Entscheidung vom 24.6.2025, 4 Ob 176/24x

 

Sachverhalt:

Ein österreichisches Immobilienunternehmen meldete zwei Marken an. Die Wortmarke „OLYMP“ und die Wortbildmarke „OLYMP Realitätenges.m.b.H.“:

Die Marken wurden für eine Vielzahl von Dienstleistungen in den Klassen 35 (Werbung, Marketing), 36 (Immobilienwesen) und 37 (Renovierung, Umbau) registriert.

Dagegen erhob das Internationale Olympische Komitee (IOC) Widerspruch beim Österreichischen Patentamt. Als Widerspruchsgrundlage dienten die älteren internationalen Marken „OLYMPIC“ und „OLYMPIAN“, die ebenfalls in den relevanten Klassen geschützt sind; also unter anderem für Werbung, Immobilien und Bauleistungen.

Das Patentamt gab dem Widerspruch statt und hob die Markenregistrierungen der Antragsgegnerin zur Gänze wegen Verwechslungsgefahr auf. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diese Entscheidung.

Die Antragsgegnerin versuchte in weiterer Folge, das Verfahren zu unterbrechen, bis über von ihr beim EUIPO anhängige Nichtigkeitsanträge gegen die IOC-Marken entschieden ist. Auch diesem Antrag wurde nicht stattgegeben.

 

Entscheidung:

Der OGH wies die Revisionsrekurse der Antragsgegnerin zurück.

Zur beantragten Unterbrechung des Verfahrens (bis zur Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren gegen die Marken „OLYMPIC“ und „OLYMPIAN“) hielt der OGH fest, dass der Revisionsrekurs grundsätzlich zulässig sein kann, obwohl § 192 Abs 2 ZPO sonst Rechtsmittel gegen Unterbrechungsentscheidungen ausschließt. Im Verfahren nach dem AußStrG, insbesondere im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren, gelten jedoch abweichende Regelungen: Gemäß § 26 Abs 4 AußStrG ist die gesonderte Anfechtung ausgeschlossen, nicht aber ein Revisionsrekurs an sich, sofern die Voraussetzungen des § 62 AußStrG erfüllt sind. § 29b MSchG verweist für Unterbrechungen im Widerspruchsverfahren auf § 190 ZPO, jedoch nicht auf den Rechtsmittelausschluss des § 192 ZPO. Das bedeutet: Der Revisionsrekurs ist zulässig, wenn eine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht wird. Für den OGH war jedoch keine erhebliche Rechtsfrage erkennbar.

Die Vorinstanzen hatten sich zutreffend auf die ständige Rechtsprechung zu § 190 ZPO gestützt:
Eine Verfahrensunterbrechung ist nur dann zulässig, wenn das „präjudizielle Verfahren“ bereits vor Schluss der Verhandlung erster Instanz (also vor der Beschlussfassung des Patentamts) anhängig war. Das war im konkreten Fall nicht gegeben, denn die Anträge beim EUIPO wurden erst nachträglich eingebracht. Die Anwendung von § 190 ZPO ergibt sich direkt aus § 29b Abs 4 MSchG.

Da keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wurde und die Voraussetzungen für eine Unterbrechung nicht erfüllt waren, wies der OGH den Revisionsrekurs in Bezug auf die Verfahrensunterbrechung zurück.

Im Hinblick auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr war die zentrale Frage, ob zwischen den jüngeren Marken „OLYMP“/„OLYMP Realitätenges.m.b.H.“ und den IOC-Marken „OLYMPIC“/„OLYMPIAN“ Verwechslungsgefahr besteht. Der OGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, dass Verwechslungsgefahr besteht, weil die Marken denselben Wortstamm („OLYMP“) aufweisen, „OLYMPIC“ und „OLYMPIAN“ trotz ihrer Fremdsprachlichkeit als fantasievolle und kennzeichnungskräftige Begriffe gelten, und die Dienstleistungen in denselben Klassen enthalten sind bzw sich an gleiche Verkehrskreise richten. Die zusätzlichen Wort- und Bildelemente („Realitätenges.m.b.H.“) beseitigen die Ähnlichkeit nicht.

Das Argument der Antragsgegnerin, dass sie den Begriff „OLYMP“ bereits seit Jahrzehnten als Firma verwende, war im Widerspruchsverfahren unerheblich, weil dort ausschließlich auf den Registerstand abzustellen ist.

 

 

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