BGH-Urteil vom 4.12.2025, I ZR 219/24

 

Sachverhalt:

Der deutsche BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Name der Filmfigur Miss Moneypenny aus der James-Bond-Reihe Werktitelschutz nach § 5 dMarkenG genießt. Die Klägerin berief sich darauf, Inhaberin urheberrechtlicher Nutzungsrechte an den James-Bond-Filmen zu sein und leitete daraus die Befugnis ab, die Bezeichnung der Figur als Werktitel gegen Dritte zu verteidigen. Die Figur Moneypenny wird in den Filmen als Sekretärin des Geheimdienstleiters M dargestellt und gehört seit 1962 zum wiederkehrenden Ensemble der Filmreihe. Allerdings trat sie nach dem Neustart der Reihe im Jahr 2006 zunächst zurück und wurde erst 2012 in Skyfall in einer jüngeren Version als Eve Moneypenny wieder eingeführt.

Die Beklagten verwendeten die Bezeichnungen MONEYPENNY und MY MONEYPENNY zur Bewerbung von Sekretariats- und Assistenzdienstleistungen innerhalb eines Franchise-Systems. Die Geschäftsführerin der Beklagten hielt zudem Markenrechte und Domains mit dem Bestandteil MONEYPENNY.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, bei der Filmfigur Miss Moneypenny handle es sich um ein selbständig schutzfähiges und damit titelfähiges Werk. Die Verwendung der Bezeichnungen MONEYPENNY und MY MONEYPENNY durch die Beklagten verletze das an der Bezeichnung für die Filmfigur bestehende Werktitelrecht, zu dessen Geltendmachung sie befugt sei. Sie forderte von den Beklagten Unterlassung, Rückruf und Vernichtung einschließlich Domainlöschung, Firmenänderung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz und Erstattung von Gutachterkosten. Darüber hinaus wurde die Löschung der Marken beantragt.

 

Entscheidung:

Sowohl das LG Hamburg als auch das OLG Hamburg wiesen die Klage ab. Die Revision wurde lediglich im Hinblick auf die geltend gemachten Ansprüche aus Werktitelschutz zugelassen. Vor dem BGH verfolgte die Klägerin ihr Begehren in diesem Punkt weiter.

Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die geltend gemachten Ansprüche aus Werktitelschutz sind unbegründet, weil die Filmfigur Miss Moneypenny kein bezeichnungsfähiges Werk darstellt und ihr Name deshalb keinen Werktitelschutz genießt.

Der BGH stellte zunächst klar, dass grundsätzlich auch für den Namen einer fiktiven Figur aus einem Filmwerk Werktitelschutz bestehen kann. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung und wird vom Gesetz in § 5 Abs. 3 dMarkenG gedeckt, wonach Werktitel als geschäftliche Bezeichnungen geschützt werden. Allerdings knüpft der BGH den Schutz an strenge Voraussetzungen.

Entscheidend ist, dass es sich bei der Figur selbst um ein Werk im zeichenrechtlichen Sinn handeln muss, also um ein immaterielles Arbeitsergebnis, das als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig ist. Fiktive Figuren stellen zwar regelmäßig ein immaterielles Arbeitsergebnis dar, das sich in ihrem erfundenen Aussehen und Charakter manifestiert. Das weitere Erfordernis der Bezeichnungsfähigkeit erfordert jedoch eine gewisse Selbständigkeit und eigenständige Bekanntheit der fiktiven Figur gegenüber dem Werk, in dem sie Verwendung findet.

Der BGH präzisierte, dass die Figur in dem Grundwerk so individualisiert sein muss, dass sie vom Verkehr als selbständig und vom Grundwerk losgelöst wahrgenommen wird. Anhaltspunkte für eine solche Selbständigkeit können die besondere optische Ausgestaltung oder besonders ausgeprägte, die Figur und ihre Persönlichkeit individualisierende Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und typische Verhaltensweisen der Figur in dem Filmwerk sein.

Nach den vom BGH als rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist die für einen Titelschutz der Bezeichnung Moneypenny erforderliche Selbständigkeit der damit bezeichneten fiktiven Figur nicht gegeben. Es fehlt sowohl an einer bestimmten optischen Ausgestaltung als auch an besonderen Charaktereigenschaften, die der fiktiven Figur der Miss Moneypenny in den James Bond-Filmen einen hinreichend individualisierten Charakter mit einer unverwechselbaren Persönlichkeit verleihen würden.

Besonders bedeutsam ist die Klarstellung des BGHs, dass es unerheblich ist, ob der Filmfigur in anderem Zusammenhang weitere oder präzisere Charaktereigenschaften zugeschrieben werden. Die Verknüpfung mit dem Grundwerk verbietet es, Anhaltspunkte für die Selbständigkeit der Figur außerhalb davon zu suchen. Maßgeblich ist allein die Darstellung der Figur in den Filmwerken selbst.

 

 

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