OGH-Entscheidung vom 17.12.2013, 4 Ob 83/13d

Sachverhalt:

Beide Streitparteien erzeugen Schmuckstücke, die sie mit Symbolen aus dem Bereich der Esotherik gestalten. Insbesondere vertreiben beide einen Ring, der eine Darstellung der „Blume des Lebens“ aufweist. Dabei handelt es sich um ein geometrisches Symbol, das aus 19 ineinander gelegten Kreisen besteht, wobei die Kreise für den Betrachter Blütenblätter bilden. Dieses Symbol wird in der Schmuckbranche häufig in Form einer Gestaltung als Anhänger mit einem Durchmesser von 5 cm verwendet; diese Verwendungsart ist unstrittig älter ist als beide Ringe der Parteien.

Der Kläger ist Inhaber des folgenden Gemeinschaftsgeschmacksmusters:

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Der Ring des Beklagten sieht so aus:

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In seiner Klage beantragte der Kläger, es dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr einen Ring in identischer oder im Gesamteindruck gleicher Ausführung wie den – bildlich dargestellten – Ring des Klägers zu bewerben, zum Verkauf anzubieten, zu vertreiben, oder sonst in Verkehr zu bringen, sei es selbst oder mit Hilfe Dritter.

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab, weil dem Ring des Klägers angesichts des vorbestehenden Formenschatzes, insbesondere des älteren Anhängers, die geschmacksmusterrechtliche und wettbewerbliche Eigenart fehle.

Der OGH wies den Revisionsrekurs des Klägers zurück. Aus der Begründung:

Sowohl die Schutzfähigkeit als auch der Eingriff in ein Geschmacksmuster sind nach dem Gesamteindruck des informierten Benutzers zu beurteilen. Dieser Benutzer unterscheidet sich durch ein gewisses Maß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfragen vom „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“, wenn auch nicht Wissen und Fähigkeiten eines Fachmanns anzulegen sind.

Ein hohes Maß an Eigenart gibt dabei Raum für einen großen Schutzumfang, umgekehrt führt geringe Eigenart auch nur zu einem kleinen Schutzumfang.

Im vorliegenden Fall könnte zwar angenommen werden, dass der Ring des Klägers eine für den musterrechtlichen Schutz ausreichende Eigenart aufweist. Allerdings ist diese Eigenart beim zentralen Motiv des Rings – der Blume des Lebens – äußerst gering. Das führt zu einem schmalen Schutzumfang; schon kleinere Unterschiede können einen gleichen Gesamteindruck ausschließen.

Das trifft im vorliegenden Fall zu: Einem informierten Benutzer, der sich für das Design von Schmuckstücken interessiert, wird auffallen, dass zwar das Motiv des Rings und die Bügelform übereinstimmen, sonst aber doch Unterschiede vorliegen. Die Ringe weisen einen unterschiedlichen Durchmesser auf. Der Ring des Klägers macht daher einen offeneren, durchsichtigen Eindruck, während jener des Beklagten eher kompakt wirkt. Die Schauseite des Rings der Klägerin (die „Blume“) ist länglicher ist als bei jenem des Beklagten. Die Struktur der „Blume“ wirkt beim Ring des Beklagten eher geradlinig, bei jenem des Klägers hingegen eher geschwungen. Auch die Bügel der Ringe sind nicht gleich geformt.

Insgesamt liegen daher nicht bloß unerhebliche Unterschiede vor. Diese Unterschiede führen beim informierten Benutzer zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck. Selbst wenn man daher beim Ring des Klägers Eigenart im Sinn des Geschmacksmusterrechts annehmen wollte, läge kein Eingriff vor.

Es bestehen auch keine lauterkeitsrechtlichen Ansprüche. Die Nachahmung fremder Erzeugnisse, die keinen Sonderschutz genießen, ist grundsätzlich erlaubt, weil niemand Ausschließungsrechte beanspruchen kann, wenn sie ihm nicht vom Gesetz eingeräumt wurden. Unlauter könnte im gegebenen Zusammenhang nur eine sklavische Nachahmung sein, also die glatte Übernahme in allen Einzelheiten oder doch in erheblichen Teilen. Eine solche liegt hier aber angesichts der Unterschiede zwischen Ringen nicht vor. Sich von fremden Erzeugnissen für eigenes Schaffen anregen zu lassen ist noch nicht unlauter.