OGH-Entscheidung vom 19.12.2023, 4 Ob 112/23h

 

Sachverhalt:

Die Beklagten vertreiben und verwerten den 2019 entstandenen Film „Yesterday“ in Österreich. Zu Beginn entdeckt darin die Hauptfigur, ein bislang erfolgloser Musiker, dass er als Einziger die Beatles und deren Songs kennt, gibt sie als seine eigenen aus und steuert dadurch seinem Aufstieg zum Weltstar entgegen.

Der Kläger hat bereits 2011 auf der Website „Make´n Movies“ einen Text mit dem Titel „Here comes the sun“ veröffentlicht, in dem sich ein unbedeutender Musiker in einer Welt findet, in der es die Beatles nie gab. Er wird ein Star mit all ihren Songs, von denen alle glauben, dass er sie geschrieben hat. Letztlich fürchtet er, wie John Lennon ermordet zu werden.

Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagten zustimmungslos seine Idee verwendeten und sah darin eine Urheberrechtsverletzung.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen verneinten die Verletzung von Urheberrechten des Klägers. Sein Text enthalte nur ein Grundgerüst und damit nur eine nicht schutzfähige Idee, die kein Werk im Sinne des § 1 UrhG sei. Überdies weiche die Handlung des Films von der (aus wenigen Zeilen bestehenden) Filmidee des Klägers ab.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Klägers zurück. Werke im Sinne von § 1 UrhG sind eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst.

Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes ist nicht die zugrunde liegende Idee, sondern nur die eigenpersönliche körperliche Formung und Festlegung einer schöpferischen Idee. Bloße Ideen einschließlich Filmideen sind nicht schützbar (siehe auch DIESEN Blog-Beitrag).

Die Filmidee des Klägers besteht im Wesentlichen darin, dass ein Musiker in einer Phantasiewelt die Werke der Beatles als seine eigenen ausgibt und damit Berühmtheit erlangt. Ähnliche Ideen schon in früheren Werken Verwendung. Auch der Kläger diese nicht kannte, so ändert dies nichts an der mangelnden Originalität seiner Filmidee. Ein Werk im Sinne von § 1 UrhG lag daher nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

 

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