BGH-Urteil vom 24. Februar 2022 – I ZR 2/21

 

Sachverhalt:

Eine TV-Produzentin bewarb mit den Worten „SIMPLY THE BEST – DIE tina turner STORY“ eine Show auf Plakaten. Auf den Plakaten war eine Sängerin abgebildet, die große Ähnlichkeit mit der weltberühmten Künstlerin Tina Turner hat. In der Show sollte diese Sängerin die größten Hits von Tina Turner präsentieren.

Tina Turner war der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Sängerin und ihr sowie der Gestaltung der Werbung für die Show davon ausgehen könnte, sie selbst sei auf den Plakaten abgebildet und an der Show beteiligt. Tina Turner hatte weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt; sie klagte die Produzentin der Show daher auf Unterlassung.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage jedoch ab. Der deutsche BGH wies die dagegen gerichtete Revision der Klägerin nun zurück.

Wird eine Person durch eine andere Person – beispielsweise einen Schauspieler – dargestellt, liegt ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild vor, wenn aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst. Im vorliegenden Fall stellten die Gerichte fest, dass die beanstandete Werbung den Eindruck erweckt, auf den Plakaten sei die Klägerin (Tina Turner) abgebildet.

Dennoch ist die Verwendung des Bildnisses der Klägerin auf den streitgegenständlichen Plakaten der Beklagten nach dem deutschen Kunsturhebergesetz erlaubt. Gemäß § 22 Satz 1 dKUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Ohne eine solche Einwilligung dürfen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 und 4 und Abs. 2 dKUG u.a. folgende Bildnisse verbreitet und zur Schau gestellt werden: Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte sowie Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. Die Klägerin konnte sich nicht mit Erfolg auf diese Bestimmungen berufen, weil sie mit der tatsächlich abgebildeten Person nicht identisch ist. Allenfalls könnte die tatsächlich – nicht aber die vermeintlich – abgebildete Person gegen die Verwendung der Abbildung Einwendungen erheben.

Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele sich um die prominente Sängerin selbst, ist grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt.

Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des prominenten Originals wäre mit der Werbung für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit. Einen solchen Bedeutungsgehalt konnten die Gerichte der beanstandeten Werbung jedoch nicht entnehmen. Den Plakaten der Beklagten war nicht die unwahre Tatsachenbehauptung zu entnehmen, dass die Klägerin die Show der Beklagten unterstütze oder sogar an ihr mitwirke. Die Plakate enthielten keine ausdrückliche Aussage darüber und waren auch nicht in diesem Sinne mehrdeutig.

 

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 24.2.2022

 

 

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