OGH-Entscheidung vom 23.9.2022, 4 Ob 68/22m
Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertrat in einem Strafverfahren einen mehrfachen Mörder, der auch als Autor tätig war. Zur Abdeckung der Vertretungskosten wurden dem Kläger von seinem Mandanten Werknutzungsrechte an seinen literarischen Werken und Rechte zur Bildnisverwertung eingeräumt. Eine spätere Einschränkung dieser Rechte erfolgte nicht. Allerdings erklärte der Autor in einer späteren „Vollmacht“ an die Beklagte (ebenfalls Rechtsanwältin) die Rechteeinräumung an den Kläger als nichtig und sprach aus, dass alle Rechte an die Beklagte übergingen. Der Autor starb schließlich schon vor dem Prozessende. Die Beklagte veröffentlichte danach ein Buch über ihre Beziehung mit dem Autor, das auch dessen Tagebuchaufzeichnungen desselben enthielt. Weiters veröffentlichte sie das „Prozesstagebuch“ des Autors.
Der Kläger klagte u.a. auf Unterlassung, Rechnungslegung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung.
Entscheidung:
Das Erstgericht erkannte die Beklagte für schuldig, es zu unterlassen, sämtliche vom Autor verfassten Aufzeichnungen und Bücher zu veröffentlichen sowie Rechnung zu legen, weiters sämtliche beanstandeten Werke zu vernichten und das Unterlassungsbegehren in einer Tageszeitung zu veröffentlichen. Das Berufungsgericht wies lediglich das Veröffentlichungsbegehren ab. Der OGH befand den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten für unzulässig.
Durch die Einräumung eines Werknutzungsrechts wird ein vom Verwertungsrecht des Urhebers verschiedenes absolutes Recht begründet. Es handelt sich um eine konstitutive Rechtebegründung im Sinne einer Belastung des Urheberrechts. Auch der Urheber hat sich, soweit das Werknutzungsrecht reicht, so wie ein Dritter der Benutzung des Werks zu enthalten.
Der Autor übertrug dem Kläger ein zeitlich unbeschränktes Werknutzungsrecht. Die Vereinbarung sollte so lange gelten, bis der Kläger die Kosten für die Vertretung des Autors zur Gänze hereingebracht hat. Nach den Tatsachenfeststellungen konnte der Kläger sein Honorar nicht einbringlich machen. Auch hat der Autor dem Kläger gegenüber niemals erklärt, dass er das Werknutzungsrecht einschränke oder vorzeitig zurücknehme (§ 29 UrhG). Der OGH bestätigte insofern die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Gemäß § 31 UrhG kann auch über erst zu schaffende Werke im Voraus gültig verfügt werden.
Im Provisorialverfahren war der OGH noch zu dem Ergebnis gelangt, dass über künftige Werke keine Verfügung vorgenommen wurde. (Erst) Im Hauptverfahren konnte der Wille der vertragschließenden Parteien festgestellt werden, wonach die Vereinbarungen alle geschaffenen und künftig zu schaffenden Werke beinhalten. Die Rechteübertragung sollte dazu dienen, die Honorarforderungen des Klägers einbringlich zu machen. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Autor ein ausschließliches Werknutzungsrecht über alle geschaffenen und künftig zu schaffenden Werke enthält, sah der OGH als daher vertretbar und nicht korrekturbedürftig an.
Weitere Blog-Beiträge zum Thema Werknutzungsrechte/Urheberrecht:
Schlüssige Einräumung von Werknutzungsrechten und Verzicht auf Urheberbezeichnung
Wann besteht ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung bei Urheberrechtsverletzungen?