OGH-Entscheidung vom 22.8.2019, 4 Ob 135/19k

 

Sachverhalt:

Der Beklagte ist Gründer einer Interessensgemeinschaft und berichtete auf seiner Website über deren Aktivitäten und Veranstaltungen. Auf seiner Website veröffentlichte er ein Lichtbild, das das Modell eines Autobusses zeigte, und zwar ohne Werknutzungsbewilligung des Fotografen sowie ohne Bezeichnung des Fotografen als Hersteller. Das Lichtbild wurde ihm von einem Mitglied der Interessensgemeinschaft übermittelt, der darauf hinwies, dass das Lichtbild von jemandem anderen angefertigt worden war.

Ein Fotograf hatte dieses Lichtbild anlässlich einer Modellbaumesse angefertigt. Er erlaubte einem Modellbauer die Nutzung des Lichtbilds ausschließlich für private Zwecke oder für die einmalige Nutzung auf der Facebook-Seite des Busunternehmers. Darüberhinausgehende Nutzungsrechte übertrug der Fotograf nicht. In den Metadaten der Bilddatei war die Herstellerbezeichnung angebracht.

Der Fotograf beauftragte einen Rechtsschutzverband mit der Einbringung einer Klage und begehrte vom Beklagten die Zahlung von EUR 680,- an angemessenem Entgelt sowie die Unterlassung der Veröffentlichung.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren zum Teil sowie dem Unterlassungsbegehren zur Gänze statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Werknutzungsrechte könnten auch konkludent erteilt und übertragen werden. Die Revision erklärte die Revision des Klägers für zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts korrekturbedürftig war. Aus der Begründung:

Dem Hersteller eines Lichtbilds steht nach § 74 UrhG das Leistungsschutzrecht daran zu. Der Hersteller kann die Nutzung seines Lichtbilds im gegebenen Zusammenhang aber dann nicht untersagen, wenn er dem Nutzer – ausdrücklich oder schlüssig – ein Nutzungsrecht oder eine Nutzungsbewilligung eingeräumt hat. Nach der Rechtsprechung kann eine solche Befugnis auch schlüssig eingeräumt werden, wobei der Nutzungsberechtigte im Zweifel nicht mehr Befugnisse erwirbt, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Nutzung erforderlich ist.

Im Anlassfall wurde eine ausdrückliche Vereinbarung über die Reichweite der Nutzungsbefugnisse des Modellbauers getroffen. Wenn das Erstgericht wie hier feststellt, dass der Fotograf dem Modellbauer die Nutzung des Lichtbilds ausschließlich für private Zwecke oder für die einmalige Nutzung auf einer bestimmten Facebook-Seite eingeräumt hat und darüber hinausgehende Nutzungsrechte nicht erteilt wurden, so ist daraus das Tatsachensubstrat zu entnehmen, dass der Fotograf – bei Übergabe der CD mit der in Rede stehenden Bilddatei – entsprechende Erklärungen abgegeben und der Modellbauer dem nicht widersprochen hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte der Umstand der ausdrücklichen Rechteeinräumung und deren Inhalt daher nicht unberücksichtigt bleiben. Laut OGH lag demnach nicht lediglich eine konkludente Rechteeinräumung an den Modellbauer vor.

Die an den Modellbauer übertragenen Nutzungsbefugnisse haben sich nicht auf andere Veröffentlichungen im Internet – außer als Lichtbild nur für die einmalige Nutzung auf der Facebook-Seite des Busunternehmers – erstreckt und daher auch nicht auf solche über die Website des Beklagten. Der Beklagte verfügte daher über keine Nutzungsbefugnisse. Auf das Argument des Beklagten, dass er mit seiner privaten Website keine Geschäfte mache, kommt es nicht an.

Im Ergebnis kam die Zweifelsregel zum Tragen, wonach die Weitergabe eines Nutzungsrechts an die Zustimmung des Urhebers bzw Leistungsschutzberechtigten gebunden ist.