OGH-Entscheidung vom 25.2.2025, 4 Ob 134/24w

 

Sachverhalt:

Ein Rechtsanwalt klagte einen Verlag, der juristische Musterbücher sowohl in gedruckter Form als auch digital vertreibt. Der Verlag bot seine Produkte in zwei Varianten an: Als „OnlineBuch – Jahresabo“ für 448,80 EUR oder als „Handbuch (2 Bände) + OnlineBuch“ für 261,80 EUR. Bei der zweiten Variante wurde der Online-Zugang gesperrt, wenn der Kunde nicht die kostenpflichtigen Aktualisierungen bezog. Allerdings konnten die Inhalte vor der Sperre heruntergeladen und weiter genutzt werden.

Der klagende Rechtsanwalt sah darin eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 UWG, da der Verlag den Eindruck erwecke, man erwerbe einen unbeschränkten Online-Zugriff. Er beantragte eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung dieser Werbung.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den auf §§ 1, 2 UWG gestützten Sicherungsantrag des Klägers übereinstimmend ab. Der OGH befand den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers zwar für zulässig, im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.

Im Gegensatz zu den Vorinstanzen bejahte der OGH zwar die Aktivlegitimation des Rechtsanwalts als Mitbewerber, da Vertragsmuster teilweise die anwaltliche Beratung ersetzen können. Gemäß § 14 Abs 1 UWG kann der Anspruch auf Unterlassung nach §§ 1, 2 UWG von jedem Unternehmer geltend gemacht werden, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt (Mitbewerber). Verstöße gegen §§ 1, 2 UWG können daher sowohl von den unmittelbar Verletzten, als auch von Mitbewerbern iSd § 14 Abs 1 UWG mit Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

Eine Irreführung lag nach Ansicht des OGH aber nicht vor: Ein durchschnittlich informierter Interessent werde bei einem Preis von über EUR 260 erhöhte Aufmerksamkeit aufwenden. Aus der Produktbeschreibung ergebe sich klar, dass das „OnlineBuch“ nur im „Bezugszeitraum“ nutzbar sei und der Zugang bei Abbestellung des Aktualisierungsservice erlösche. Auch der deutlich höhere Preis des „OnlineBuch – Jahresabos“ zeige, dass mit dem günstigeren Handbuch kein unbegrenzter Online-Zugriff verbunden sei.

Gegenstand des Angebots sei vielmehr ein Musterbuch mit einem bestimmten Inhalt zu einem bestimmten Stichtag in analoger und digitaler Form. Die Möglichkeit zum Download vor der Sperre ermögliche einen zeitlich, örtlich und inhaltlich unbegrenzten Zugriff auf diese Version.

Der OGH verneinte im Ergebnis eine Irreführungseignung der Produktbeschreibung iSd § 2 Abs 1 UWG.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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