OLG Wien-Entscheidung vom 17.9.2024, 33 R 50/24a

 

Sachverhalt:

Der Kläger ist freier Fotojournalist und Urheber eines Fotos, das Personen bei einer politischen Versammlung zeigt. Der Kläger stellt seine fotografischen Werke einem Medienprojekt von Journalisten zur Verfügung („Presseservice Wien“). Dieses veröffentlicht die Fotos auf seiner eigenen Website und ermöglicht Medien auf Grundlage einer „Creative Commons“-Lizenz und unter der Voraussetzung der Namensnennung unentgeltlich seine nicht kommerzielle Nutzung.

Die Beklagte ist Medieninhaberin eines privaten Rundfunksenders inkl. Website und App. Die Beklagte nutzte das streitgegenständliche Foto in einer Sendung, wo es innerhalb von zwei Minuten fünf Mal eingeblendet wurde. Das Bild war in weiterer Folge auch auf Website und App verfügbar. Als Quelle wurde immer „Presseservice Wien“ ausgewiesen. In der Sendung wurde Werbung gezeigt.

Der Kläger klagte auf Unterlassung, Zahlung von angemessenem Entgelt und Schadenersatz sowie Urteilsveröffentlichung.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage statt. Rechtlich es Erstgericht zu dem Ergebnis, dass Dritte das dem „Presseservice Wien“ zur Verfügung gestellte Lichtbild im Rahmen einer „Creative Commons“-Lizenz vervielfältigen, bearbeiten und öffentlich wiedergeben und verbreiten dürften. Die hier erfolgte kommerzielle Nutzung durch die Beklagte sei von dieser Rechteeinräumung jedoch nicht umfasst, sodass die Nutzung rechtswidrig gewesen sei.

Der Berufung der Beklagten wurde vom OLG Wien nicht Folge gegeben. Es stimmte dem Erstgericht darin zu, dass die Beklagte das Lichtbild des Klägers kommerziell und damit nicht im Rahmen der vom „Presseservice Wien“ erteilten Nutzungsbewilligung verwendet hat:

Die Beklagte bediente sie sich unmittelbar der durch den Sendungsinhalt und damit auch durch das Lichtbild erzeugten Aufmerksamkeit zur Schaffung von für Werbekunden attraktiven Voraussetzungen. Die Beurteilung dieser Nutzung als kommerziell beruht nicht auf einer extensiven Auslegung der über den „Presseservice Wien“ ermöglichten nicht kommerziellen Nutzung: Die in den Nutzungsbedingungen festgeschriebene nicht kommerzielle Nutzung bietet keinen Raum für eine Interpretation, nach der auch die Nutzung des Lichtbilds im Rahmen von Sendungen und Veröffentlichungen umfasst ist, die gleichzeitig auch eine Plattform für die Erzielung von Werbeeinnahmen bieten.

Diese Auslegung bedeute nicht, dass jede Lichtbildnutzung im Rahmen journalistischer Berichterstattung kommerziell wäre. Es sind verschiedene Arten nicht kommerzieller Medienberichterstattung denkbar, wobei die Lizenz nicht-kommerziellen Projekten die kostenfreie Verwendung der Fotos ermögliche und für eine kommerzielle Nutzung um Kontaktaufnahme ersucht werde. Die Nutzung des Fotos durch die Verwendung im Rahmen einer kritischen Informationssendung mache diese nicht automatisch zu einer „nicht kommerziellen“.

 

 

Link zur Entscheidung

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema Urheberrechtsverletzung:

Video unter Verweis auf Creative Commons-Lizenz veröffentlicht. ORF nutzte es „kommerziell“. Urheberrechtsverletzung. Kein Bildzitat.

BGH: Luftbildaufnahmen urheberrechtlich geschützter Werke mittels Drohne unterfallen nicht der Panoramafreiheit.

BGH zur urheberrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung von Abbildungen einer Fototapete.

Berichterstattung über Tagesereignisse: Medienunternehmen darf Fotos von Social Media-Nutzern nicht zustimmungslos verwenden. Keine freie Werknutzung.

Abbildung historischer Postkarte aus Philatelisten-Festschrift zustimmungslos in Buch veröffentlicht. Reproduktionsfoto ist Lichtbild iSd UrhG. Leistungsschutzrechte verletzt.

Aufklärendes Bildzitat bei legitimer Kritik an Berichterstattung eines Mediums zulässig

Aufruf zu Gegendemonstration: Verwendung eines Politikerfotos als „Bildzitat“ gerechtfertigt.

„Stinkefinger-Foto“: FPÖ verletzt Werknutzungsrecht von Sigrid Maurer. Kein Bildzitat mangels Auseinandersetzung mit übernommenem Foto.

Naturmotiv statt Raucherfoto: Wenn Politiker zur Optimierung ihrer medialen Darstellung Hintergrundbilder retuschieren, ist die Veröffentlichung dieser Fotos als Bildzitat zulässig.

Urheberrechtsverletzung durch Einblendung eines Fotos in TV-Doku: Neue OGH-Judikatur zum „Bildzitat“ und „unwesentlichen Beiwerk“

Parlamentsklub haftet für Urheberrechtsverletzung des Fraktionsführers. Recht auf freie Werknutzung umfasst keine Pressekonferenz einer politischen Partei.

krone.at verwendet Ausschnitte von „FPÖ TV“: Urheberrechtsverletzung aufgrund undeutlicher Herstellerbezeichnung

Schlüssige Einräumung von Werknutzungsrechten und Verzicht auf Urheberbezeichnung

Suchmeldung von Kulturgut in Lost Art-Datenbank: BGH verneint Eigentumsbeeinträchtigung.