OGH-Entscheidung vom 27.8.2024, 4 Ob 125/24x
Sachverhalt:
Der Kläger ist freier Journalist und besucht regelmäßig Demonstrationen und dokumentiert diese mit Bild- und Tonaufnahmen auf professionelle Weise. Im Zuge einer Demonstration bildete sich eine Gegendemonstration. Die Teilnehmer der Gegendemonstration kamen dem Verlangen der Polizei, Abstand zur Demonstration zu halten nicht nach, worauf die Polizei gegen die Gegendemonstranten Pfefferspray einsetzte. Das wurde vom Kläger gefilmt. Der Kläger veröffentlichte einen Ausschnitt des Videos und einen Screenshot auf seinem Twitter-Account. Dies unter Verweis auf die Lizenzregeln „Creative Commons-Lizenz CC BY-NC 4.0.“, wonach das Material für nicht kommerzielle Zwecke unter Anführung des Erstellers verwendet werden dürfe.
Der ORF veröffentlichte in mehreren Nachrichtensendungen Ausschnitte und stellte die Berichte auf seiner Website zum Abruf bereit. Weiters veröffentlichte der Beklagte über den Polizeieinsatz auch Artikel auf seiner Website samt Videobeitrag. Bei den Beiträgen wurde der Kläger als Urheber überwiegend nicht angeführt.
Der Kläger klagte auf Unterlassung und Auskunft (Stufenklage) sowie Zahlung von angemessenem Entgelt sowie Schadenersatz.
Entscheidung:
Die Vorinstanzen gaben dem Unterlassungsbegehren zur Gänze und dem Zahlungsbegehren teilweise (EUR 2.020) statt. Der OGH wies die außerordentliche Revision des Beklagten zurück.
Der OGH erachtete die Ansicht der Vorinstanzen für vertretbar, wonach der ORF das Video des Klägers „kommerziell“ genutzt habe. Auch ein Verweis des ORF auf § 42f UrhG blieb ohne Erfolg. Für die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Lichtbildes (auch eines Filmes) als Bildzitat – auch unter Berücksichtigung von Art 10 EMRK wie zB HIER – ist Voraussetzung, dass das in einem Bericht wiedergegebene Werk Zitat- und Belegfunktion hat. Es reicht nicht aus, dass die Veröffentlichung des Werkes nur dazu diente, die Berichterstattung des Nutzers zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken (siehe HIER im Blog). Ein nach § 42f UrhG zulässiges Zitat muss vielmehr erkennbar der Auseinandersetzung mit dem übernommenen Werk dienen. Die Zitierfreiheit darf nicht dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert des zitierten Werks in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt wird.
Die Verwendung des Videos in der Berichterstattung der Beklagten erfolgte im Anlassfall nicht ansatzweise zu diesen Zwecken. Ein zulässiges Bildzitat iSd 42f UrhG lag daher nicht vor.
Der OGH hat sich zuletzt in DIESER Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob aus § 42c UrhG eine allgemeine Rechtfertigung für die Verwertung von Lichtbildern, die Tagesereignisse zeigen oder damit in Zusammenhang stehen, abgeleitet werden kann. Dem lag zugrunde, dass der auch hier beklagte Rundfunk in einem Bericht über ein Ereignis Lichtbilder ohne Zustimmung des Urhebers verwendete. Der OGH hat die dort von den Vorinstanzen verneinte Anwendung des § 42c UrhG unter Berücksichtigung seiner bisherigen Rechtsprechung als nicht korrekturbedürftig gesehen.
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