OLG Wien-Entscheidung vom 27.2.2025, 2 R 6/25d
Sachverhalt:
Die Streitparteien sind beide im Bereich Software-Entwicklung, Software-Vertrieb und Dienstleistungen im EDV-Bereich tätig. Die Klägerin ist Inhaberin eines Werknutzungsrechts an einer bestimmten Software, einem urheberrechtlich geschützten Werk mit über 2 Millionen Code-Zeilen.
Dem Beklagten wurde vorgeworfen, sich im Zuge seiner früheren Tätigkeit für die Klägerin widerrechtlich den Sourcecode der Software angeeignet zu haben. In der Folge habe er diesen bearbeitet und zur Entwicklung einer anderen Software verwendet. Der Beklagte bestritt jede Urheberrechtsverletzung und argumentierte, es handle sich um eigene Entwicklungen, und Ähnlichkeiten seien durch personenidentische Programmierung bedingt.
Die klagende GmbH, begehrte mit ihrer Stufenklage unter anderem die Unterlassung, Beseitigung, Veröffentlichung, Rechnungslegung sowie das doppelte angemessene Entgelt von der Beklagten. Am Ende der letzten Tagsatzung beantragte die Klägerin auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinne des Unterlassungsbegehrens.
Entscheidung:
Mit Teilurteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren überwiegend statt und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Der Beklagte erhob dagegen Berufung und Rekurs. Der Beklagte erhob auch Rekurs gegen die Zurückweisung seines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung.
Das OLG Wien wies die Berufung der Beklagten zurück. Der Beklagte wurde zur Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung verurteilt. Zudem wurde die einstweilige Verfügung bestätigt.
Das Berufungsgericht legte die erstgerichtlichen Feststellungen zur Verwendung wesentlicher Bestandteile des Sourcecodes durch den Beklagten zugrunde. Eine vom Gericht bestellte Sachverständige hatte unter anderem identische Codierungsmuster, fast idente Dateien und charakteristische Zeichenketten festgestellt, die auf ein „glattes Übernehmen“ wesentlicher Teile der Software schließen ließen. Das Gericht wertete dies als sittenwidrige Leistungsübernahme gemäß § 1 UWG, womit dem Kläger Unterlassungs-, Beseitigungs-, Rechnungslegungs- und Veröffentlichungsansprüche zustehen.
Der Rekurs gegen die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung blieb erfolglos. Das OLG bestätigte, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung wirksam und auch mündlich in der Tagsatzung zulässig eingebracht wurde. Die ausreichende Bescheinigung des Anspruchs ergab sich hier bereits daraus, dass die Klage bereits Erfolg hatte. Gemäß § 24 UWG wird die Gefährdung vermutet, eine gesonderte Bescheinigung war nicht nötig. Auch der Einwand mangelnder Aktivlegitimation blieb ohne Erfolg, da das zugehörige Vorbringen eine unzulässige Neuerung im Rekursverfahren war. Da die Klägerin über ein Werknutzungsrecht verfüge, genüge das für Geltendmachung von Ansprüchen nach dem UWG.
Auch der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung wurde zurecht zurückgewiesen: Gemäß § 397 Abs 1 EO kann der Gegner der gefährdeten Partei gegen die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung Widerspruch erheben, falls er nicht bereits vor Beschlussfassung einvernommen wurde. Maßgebend ist nur, ob das Gericht dem Gegner der gefährdeten Partei das rechtliche Gehör eingeräumt hat, nicht aber, ob dieser sich auch tatsächlich geäußert hat. Hier hatte der Beklagte in der Tagsatzung die Möglichkeit, sich zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zu äußern. Er beantragte auch dessen Abweisung. Dass er dies in der Tagsatzung nicht näher begründete, führt nicht dazu, dass ihm nun ein Widerspruch offenstünde. Im Sicherungsverfahren hat das Gericht keine Anleitungspflicht. Da es somit an der zentralen Voraussetzung eines Widerspruchs fehlt, hatte das Erstgericht den Widerspruch des Beklagten zu Recht zurückgewiesen.
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