OGH-Entscheidung vom 26.3.2025, 6 Ob 49/25m

 

Sachverhalt:

Im Jahr 2020 kandidierten mehrere Personen gemeinsam für eine wahlwerbende Liste bei einer Stadtvertretungswahl. Für Wahlwerbezwecke wurde zuvor ein Gruppenfoto angefertigt, auf dem sowohl die späteren Kläger als auch der spätere Beklagte zu sehen waren. Im Jahr 2022 veröffentlichte der Beklagte dieses Foto auf seinem Facebook-Account.

Die Kläger begehren die Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung dieses Lichtbilds sowie die Veröffentlichung dieses Begehrens.

 

Entscheidung:

Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, die dem Unterlassungsbegehren der Kläger stattgegeben hatten. Nach § 78 UrhG dürfen Bildnisse von Personen nur dann öffentlich verbreitet werden, wenn dadurch keine berechtigten Interessen der Abgebildeten verletzt werden. Zwar hatten die Kläger ursprünglich der Verwendung des Fotos zugestimmt, dies allerdings nur für Wahlwerbezwecke im Jahr 2020. Die spätere Verwendung auf Facebook im Jahr 2022 war von dieser Einwilligung nicht mehr gedeckt.

Der Bildnisschutz greift ein, sofern und soweit der Abgebildete ein berechtigtes Interesse am Unterbleiben der Veröffentlichung seines Bildnisses hat. Auf den Bildnisschutz kann sich deshalb derjenige nicht berufen, der einer Veröffentlichung seines Bildnisses zugestimmt hat. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt wurde. Der OGH betonte, dass bei der Frage des Umfangs einer Zustimmung zur Bildveröffentlichung ein strenger Maßstab anzulegen ist. Im Zweifel ist die Verwendung in einem anderen Kontext als dem ursprünglichen nicht von der Einwilligung umfasst (siehe auch HIER im BLOG). Zudem besteht die Möglichkeit, eine unentgeltlich erteilte Erlaubnis zur Bildveröffentlichung unter geänderten Verhältnissen zu widerrufen.

Im konkreten Fall verletzt die Veröffentlichung des Gruppenfotos auf Facebook die berechtigten Interessen der Kläger, weil das Bild für außenstehende Betrachter fälschlicherweise den Eindruck von Einigkeit und Einvernehmen zwischen den abgebildeten Personen erweckt, obwohl diese mittlerweile zerstritten sind.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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