OGH-Entscheidung vom 30.3.2016, 6 Ob 14/16a

Sachverhalt:

Die Klägerin veröffentlichte ein Foto von sich selbst (angefertigt von einer Freundin) auf Facebook. Dieses Foto wurde auf der Website einer Tageszeitung zustimmungslos veröffentlicht. Eine Urheberbezeichnung fehlte ebenfalls. Über zwei Monate hielt die Beklagte dieses Lichtbild  darüber hinaus in manipulierter Form mit Einbettung in ein Video abrufbar, wobei der Klägerin im Begleittext eine bestimmte sexuelle Ausrichtung unterstellt wurde.

Die Klägerin klagte auf die Unterlassung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung sowie ein angemessenes Entgelt und Schadenersatz.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren weitestgehend statt.

Der OGH bestätigte die Entscheidung. Aus der Begründung:

Bei dem durch § 78 UrhG geschützten Recht am eigenen Bild handelt es sich um ein Persönlichkeitsrecht iSd § 16 ABGB. Durch diese Bestimmung soll jedermann gegen einen Missbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden. Der Schutz des § 78 UrhG greift insbesondere dann ein, wenn der Abgebildete ein berechtigtes Interesse am Unterbleiben der Veröffentlichung seines Bildnisses hat.

Das Interesse am Unterbleiben einer Bildnisveröffentlichung kann jedoch mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung sowie dem Informationsinteresse der Allgemeinheit in Konflikt geraten. Daher ist zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums als Ausfluss der freien Meinungsäußerung eine Interessenabwägung vorzunehmen, welche bei einem im Kern wahren Sachverhalt regelmäßig zugunsten des Mediums ausschlägt.

Die Veröffentlichung von Bildnissen in sozialen Netzwerken wie Facebook bewirkt regelmäßig nur eine bestimmte, vom Betroffenen gewünschte Öffentlichkeit. Die Veröffentlichung durch ein Massenmedium setzt sich über diese Begrenztheit hinweg und vermag eine potentielle unbeschränkte raum- und zeitüberwindende Publizität herzustellen. Dem bloßen Umstand, dass die Klägerin ihre Fotos auf Facebook öffentlich gepostet hat, ist aus Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers nicht der Erklärungswert zu entnehmen, dass sich die Klägerin auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium einverstanden erklärte. Selbst wenn die Klägerin zu ihrer sexuellen Orientierung steht, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass sie auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium, noch dazu in teilweise manipulierter Form und mit Kommentaren über ihre sexuellen Präferenzen, einverstanden ist.

Mit der Veröffentlichung von Bildnissen in sozialen Netzwerken nimmt der Nutzer zwar in Kauf, dass die betreffenden Inhalte – je nach über die Privatsphäre-Einstellungen selbst modifizierbarer Reichweite der Einwilligung – einer größeren Personenzahl aus dem Kreis der Nutzer der Plattform zugänglich sind. Darüber hinaus wird der Nutzer auch mit einer Verwendung im Rahmen von Vorschaubildanzeigen auf Suchmaschinen und ähnlichem rechnen, soweit dagegen keine technischen Vorkehrungen getroffen werden. Keinesfalls muss der Betroffene aber mit der Weiterverbreitung des Bildnisses auf anderen Medien rechnen.

An dieser Beurteilung können auch die Geschäftsbedingungen von Facebook nichts ändern. Dort ist zwar auch davon die Rede, dass eine „nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte“ an Facebook übertragen wird. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass, wenn der Nutzer die Einstellung „öffentlich“ bei der Veröffentlichung von Inhalten verwendet, alle Personen einschließlich solcher, die Facebook nicht nutzen, auf diese Informationen zugreifen, sie verwenden und sie mit dem Namen und Profilbild des Nutzers assoziieren können. Mit der – offenbar an der deutschen, nicht an der österreichischen Rechtslage orientierten – Formulierung wird aber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass damit auch die Zustimmung zur Veröffentlichung geposteter Inhalte in einem anderen Medium erteilt wird. Die Zustimmung im Rahmen der AGB erstreckt sich lediglich auf die Zurschaustellung der Bildnisse in den Ergebnisseiten von Suchmaschinen und ähnlichem. Die Veröffentlichung auf fremden Websites oder im Rahmen anderer Medien ist von dieser Zustimmung nicht gedeckt.