EuGH-Urteil vom 27.2.2025, Rechtssache C‑517/23

 

Sachverhalt:

Die niederländische Versandapotheke DocMorris führte seit 2012 verschiedene Werbeaktionen für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch, die sich an deutsche Kunden richteten. Diese umfassten unter anderem Preisnachlässe und fixe Zahlungen für unbestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel, Prämien zwischen 2,50 und 20 Euro, Gutscheine für spätere Bestellungen nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel sowie Gesundheits- und Pflegeprodukte.

Die Apothekerkammer Nordrhein erwirkte zunächst einstweilige Verfügungen gegen diese Werbeaktionen. Nachdem diese größtenteils aufgehoben wurden, fordert DocMorris nun Schadensersatz in Höhe von ca. 18,5 Mio. Euro. Der deutsche BGH legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

 

Entscheidung:

Der EuGH kam in seiner Entscheidung zu folgendem Ergebnis:

Werbeaktionen mit fixen Preisnachlässen:

Die EU-Arzneimittelrichtlinie ist auf Werbeaktionen für unbestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel in Gestalt von Preisnachlässen oder Zahlungen in Höhe eines genauen Betrags oder in Gestalt einer Prämie, deren genaue Höhe im Vorhinein nicht ersichtlich ist, nicht anwendbar. Diese beeinflussen lediglich die Wahl der Apotheke, nicht aber den Arzneimittelkonsum selbst. Solche Werbeaktionen dürfen daher nach deutschem Recht erlaubt sein.

Prämien mit unklarer Höhe:

Die Mitgliedstaaten dürfen aus Verbraucherschutzgründen Werbeaktionen verbieten, bei denen die genaue Prämienhöhe vorab nicht erkennbar ist. Dies soll verhindern, dass Verbraucher die Höhe der Prämie überschätzen.

Gutscheine für nicht verschreibungspflichtige Produkte:

Die Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, Werbeaktionen zu verbieten, bei denen Gutscheine für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und andere Gesundheitsprodukte angeboten werden. Solche Gutscheine könnten Verbraucher von einer sachlichen Prüfung der Notwendigkeit von Arzneimitteln ablenken.

 

 

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