OGH-Entscheidung vom 17.12.2024, 4 Ob 140/24b

 

Sachverhalt:

Ein Zahnarzt bewarb die Eröffnung seiner Zweitordination in der lokalen „Bürgerinfo“, die als amtliche Mitteilung kostenlos an alle Haushalte verteilt wird. Der redaktionell gestaltete Beitrag enthielt Informationen über seine langjährige Erfahrung, sein Fachwissen und seine Spezialisierung auf Implantologie, sowie Kontaktdaten zur Terminvereinbarung.

Die Eröffnung wurde mit folgendem Text beworben:

„PRIVATZAHNARZT

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass * seine zweite Praxis eröffnet hat. Während seine bestehende Kassenordination in * weiterhin betrieben wird, übt er zusammen mit seiner Frau seinen Schwerpunkt Implantologie in der * Ordinations- und Apparaten-Gemeinschaftspraxis * aus.

* ist seit vielen Jahren in der Zahnmedizin tätig und hat umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet der Implantologie und Prothetik. Mit großer Leidenschaft und Fachwissen strebt er danach, jedem Patienten individuelle Lösungen für seine spezifischen Zahngesundheitsbedürfnisse zu bieten.

In * ermöglicht * mit seinem Team, ein breiteres Spektrum an zahnärztlichen Behandlungen anzubieten. Von der chirurgischen Phase, über die Implantation, bis hin zur Anfertigung des Zahnersatzes, erfolgt alles aus einer Hand. Die Praxis * heißt Sie herzlich willkommen und freut sich darauf, Ihnen ein strahlendes Lächeln zu schenken. Termine können Sie gerne per WhatsApp, telefonisch * oder per Mail * vereinbaren.“

Die Österreichische Zahnärztekammer klagte daraufhin auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen § 1 UWG, § 35 ZÄG und Art 5 lit b der zahnärztlichen Werberichtlinien, die eine „reklamehafte Nennung des Namens“ verbieten.

 

Entscheidung:

Der OGH wies den Revisionsrekurs der Zahnärztekammer zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Rekursgerichts, das den Unterlassungsanspruch abgewiesen hatte.

§ 35 ZÄG regelt ua ein Verbot standeswidrigen Verhaltens (Abs 1) sowie Werbebeschränkungen (Abs 2). Demnach haben Angehörige des zahnärztlichen Berufs im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung ein Verhalten zu unterlassen, wenn es geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes zu beeinträchtigen oder Interessen des Berufsstandes zu schädigen, und haben sich jeder unwahren, unsachlichen, diskriminierenden oder das Ansehen des Berufsstandes beeinträchtigenden Anpreisung oder Werbung ihrer zahnärztlichen Leistungen zu enthalten. Gemäß § 35 Abs 5 ZÄG ist die klagende Kammer befugt, nähere Vorschriften über die Art und Form dieses Verhaltens zu erlassen (Werberichtlinien).

Gestattet ist einem Angehörigen des zahnärztlichen Berufs insbesondere die Information über die eigenen (zahn-)medizinischen Tätigkeitsgebiete, die er aufgrund seiner Aus- und Fortbildung beherrscht; sowie die Information über eine unmittelbar bevorstehende Ordinationseröffnung.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbebeschränkungen für Zahnärzte zwar grundsätzlich zulässig, da sie im Interesse der Allgemeinheit liegen. Allerdings besteht kein absolutes Werbeverbotuntersagt sind nur unwahre, unsachliche oder das Standesansehen beeinträchtigende Anpreisungen. Eine „reklamehafte Namensnennung“ liegt erst bei aufdringlicher oder marktschreierischer Darstellung vor (Art 3 lit c WerbeRL). Der gegenständliche Text enthielt zwar werbliche Elemente, bewegte sich aber noch im Rahmen des Zulässigen. Weder die Aufmachung noch der Inhalt waren aufdringlich gestaltet. Eine Verletzung der Werberichtlinien wäre zudem nur bei Vorliegen einer unvertretbaren Rechtsansicht als unlauterer Wettbewerb zu werten.

Die Entscheidung zeigt, dass sachliche Informationen über eine Ordinationseröffnung auch in redaktioneller Form zulässig sind, solange die Darstellung nicht marktschreierisch erfolgt.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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