OGH-Entscheidung vom 25.4.2023, 4 Ob 190/22b (4 Ob 191/22z)

 

Sachverhalt:

Beide Prozessparteien stellen Produkte für Geschirrspülmaschinen her. Die Beklagte wirbt damit, dass ihr Produkt von den führenden Geschirrspülmaschinenherstellern am häufigsten empfohlen wird. Auf der Verpackung wird wie folgt geworben:

Der Sternchenhinweis wird auf der Packungsrückseite wie folgt erläutert:

Die Klägerin sah hierin eine irreführende Geschäftspraktik und klagte auf Unterlassung.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag und die Klage ab. Der OGH gab den dagegen erhobenen Rechtsmitteln der Klägerin jedoch Folge.

Eine Angabe ist unrichtig iSd § 2 UWG, wenn sich die durch Auslegung ermittelte Aussage als unwahr erweist. Die Irreführung ergibt sich daraus, dass die vermittelten Vorstellungen nicht im Einklang mit den wirklichen Verhältnissen stehen. Eine Aussage ist nicht schon dann wahr, wenn sie objektiv richtig ist. Es ist vielmehr zu prüfen, wie der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher die Werbung versteht. Derjenige, der eine mehrdeutige Äußerung macht, muss die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Unvollständige Angaben verstoßen gegen § 2 UWG, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird.

Die vorliegende Spitzenstellungswerbung „Nr. 1 empfohlen“, „…die von führenden Geschirrspülmaschinenherstellern am häufigsten empfohlene Marke“ suggeriert dem angesprochenen Käuferpublikum, dass die damit beworbenen Produkte tatsächlich „besser“ – im Sinne eines tatsächlichen Qualitätsvorsprungs – seien als vergleichbare andere. Dass die „Empfehlung“ allenfalls nur aus Gründen der Konzernverbundenheit oder einer Marketingkooperation erfolgt und sie daher nicht ernst zu nehmen ist, liegt für den Durchschnittsverbraucher nicht auf der Hand.

Es kommt darauf an, ob tatsächlich Umstände bestehen, welche den behaupteten Qualitätsvorsprung begründen können. Die Beklagte brachte in erster Instanz vor, die Empfehlungen der Geschirrspülmaschinenhersteller würden auf objektiven Tests beruhen. Die Vorinstanzen haben aber – ausgehend von ihrer vom OGH nicht gebilligten Rechtsansicht – insoweit keine Feststellungen getroffen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Der OGH verwies die Rechtssache folglich zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

 

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