OGH-Entscheidung vom 23.11.2021, 4 Ob 150/21v

 

Sachverhalt:

Die Beklagte verkauft Nahrungsergänzungsmittel und warb mit der Werbeaussage „Deine Nr. 1“. Die Klägerin fand, dass diese Werbeaussage irreführend ist, weil sie als überprüfbare Tatsachenbehauptung anzusehen sei. Die Kernaussage der Werbungen ergebe sich immer aus der Angabe „Nr. 1“. Sportler verstünden dies als „den Besten“, den Sieger eines Wettkampfs.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen verneinten das Vorliegen einer Spitzenstellungswerbung durch die Beklagte. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte werbe nur mit dem Werbeslogan „Deine Nr. 1“ (und nicht auch mit der Werbeaussage „Nr. 1“). Es sei objektiv nicht überprüfbar, was „Deine Nr. 1“ sei, vielmehr stelle die Werbeaussage schon nach dem Wortsinn bloß auf die subjektive Beurteilung des Adressaten ab.

Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs als unzulässig zurück. Die Frage, ob eine bestimmte Werbeaussage eine objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung oder nur eine rein subjektive Meinungskundgebung ist, ist immer nach dem Gesamteindruck der Ankündigung zu beurteilen.

Nach der Rechtsprechung ist eine Ankündigung nicht isoliert zu betrachten, sondern in ihrem gesamten Wortlaut. Dieser umfasst auch das Possessivpronomen „Deine“, womit ausreichend zum Ausdruck kommt, dass nicht die Bewerbung als „Nr. 1“ ganz allgemein, sondern jene für den individuellen Adressaten gemeint ist. Ob für den einzelnen Sportler das Produkt der Beklagten eine Spitzenstellung einnimmt, ist dessen subjektive Wertung.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

 

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