OGH-Entscheidung vom 16.12.2021, 4 Ob 117/21s

 

Sachverhalt:

In einer Tageszeitung erschien folgende Doppelseite:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Medieninhaberin einer konkurrierenden Tageszeitung klagte die Betreiberin des TV-Senders „oe24.tv“ sowie die Medieninhaberin der Tageszeitung auf Unterlassung. Den Beklagten solle es verboten werden, im geschäftlichen Verkehr die wörtliche oder sinngemäße Behauptung aufzustellen, der Fernsehsender „oe24.tv“ sei „die Nr 1 bei News“.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren Folge. Der OGH wies die Revision der Beklagten zurück. Er schloss sich der Beurteilung der Vorinstanzen an, wonach in der Werbeaussage nach ihrem maßgebenden Gesamteindruck unzutreffend eine Spitzenstellung nicht nur gegenüber reinen Nachrichtensendern, sondern auch hinsichtlich jener TV-Sender behauptet werde, die (auch) Nachrichtenprogramme ausstrahlen.

Mangels Offenlegung von Vergleichszahlen kann ein angemessen gut unterrichteter, aufmerksamer und kritischer Werbungsadressat nicht erkennen, dass nur reine Nachrichtensender für den Vergleich der behaupteten Spitzenstellung herangezogen wurden. Die Beklagten erwähnten in ihrem Inserat lediglich Teletest-Daten.

Nachdem sich die (zweitbeklagte) Medieninhaberin der Tageszeitung mit der Werbeankündigung identifizierte bzw. diese jedenfalls unterstützte, kam eine Haftung als Mittäterin oder Gehilfin in Betracht; es handelt sich dabei um eine Förderung fremden Wettbewerbs.

Die Zweitbeklagte – die eine 49,95%-ige Beteiligung an der Erstbeklagten hält und neben der Kaufzeitung „Österreich“ auch Medieninhaberin der Gratiszeitung „oe24“ ist – hatte die klagsgegenständliche Einschaltung zudem nicht als Anzeige gekennzeichnet, wozu sie jedoch nach § 26 MedienG verpflichtet gewesen wäre. Die konkrete Werbeeinschaltung war daher auch als Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten anzusehen.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

 

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