OGH-Entscheidungen vom 25.4.2023, 4 Ob 223/22f

 

Sachverhalt:

Die Klägerin war 10 Jahre lang eine Tochtergesellschaft der Beklagten. Beide Parteien sind im selben Geschäftszweig der Gebäudetechnik und -automation tätig. Die Beklagte wendet sich nahezu ausschließlich an Geschäftskunden, erbringt aber auch Leistungen für Inhaber größerer Häuser oder Villen, wofür sie aber meist nicht von den Bauherren direkt, sondern durch von diesen beauftragte Bauunternehmen oder Installateure beigezogen wird.

Auf Facebook erschienen zwei der Beklagten zurechenbare Jobanzeigen auf Facebook, worin sie als „Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudeautomation und führendes Unternehmen im Bereich Elektroanlagenbau“ bzw „Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudetechnik und führendes Unternehmen im Bereich Elektroanlagenbau“ bezeichnet wurde:

Die Beklagte schaltete auch auf „LinkedIn“ eine Personalanzeige, worin sie ebenfalls als „Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudetechnik und führendes Unternehmen im Bereich Elektroanlagenbau“ bezeichnet wurde.

Die Klägerin argumentierte in ihrer Unterlassungsklage, dass die Beklagte ihr Unternehmen unzulässig durch Spitzenstellungswerbung bewerbe, wobei die getroffenen Werbeäußerungen nicht richtig seien. Dies verstoße gegen § 2 UWG.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage ab. § 2 UWG setze das Vorliegen einer Geschäftspraktik im Sinne des § 1 Abs 4 Z 2 UWG voraus, die wiederum einen unmittelbaren Zusammenhang mit Absatzförderung, Verkauf oder Lieferung eines Produkts voraussetze. Werbemaßnahmen, die sich an potenzielle Arbeitnehmer richteten, seien keine Geschäftspraktiken. Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung.

Der OGH sah in den Vorentscheidungen eine krasse Fehlbeurteilung und befand die Revision der Klägerin für zulässig und berechtigt.

Die Beklagte hat sich in den festgestellten Job-Annoncen als Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudeautomation bzw –

Gerade die Einleitung der Annoncen mit der Selbstvorstellung der Beklagten mit einer Spitzenstellung kann dazu führen, dass sich auch ein angemessen aufmerksamer und kritischer Leser, der sich für eine Anstellung bei der Beklagten interessiert, ebenso wie ein potenzieller Konsument der Produkte der Beklagten dadurch veranlasst sieht, sich mit deren Angeboten zu befassen, ihnen letztlich auch näherzutreten, was somit für die geschäftliche Entscheidung des Adressaten im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 1 UWG relevant sein kann. Die Aussagen der Beklagten können daher grundsätzlich als irreführende Geschäftspraktiken im Sinne einer unlauteren Spitzenstellungswerbung angesehen werden.

In Fällen der Spitzenstellungswerbung muss regelmäßig der Werbende die Richtigkeit der in der Werbung enthaltenen Ta

 

 

Link zur OGH-Entscheidung

 

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