OGH-Entscheidung vom 29.8.2022, 6 Ob 146/22x
Sachverhalt:
Im Online-Medium eines früheren Politikers wurde berichtet, dass in einem vom Kläger betriebenen stadtbekannten Nachtlokal mit Billigung dortiger Mitarbeiter organisiert Drogenhandel betrieben wurde. Der Kläger wurde implizit als „Drogendealer“ bezeichnet. Er klagte das Medium daraufhin u.a. auf Unterlassung und Widerruf.
Entscheidung:
Erst- und Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab. Auch der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück.
Welcher Bedeutungsinhalt einer bestimmten Äußerung beizumessen ist, ob es sich um die Verbreitung von Tatsachen, einer auf einem wahren Tatsachenkern beruhenden Meinungsäußerung oder um die Verbreitung eines Werturteils handelt, richtet sich nach dem Zusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt. Auch ob eine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten stattfand, richtet sich nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers.
Im vorliegenden Fall gingen die Vorinstanzen davon aus, dass im bekannten Nachtlokal des Klägers organisierter Drogenhandel betrieben wurde und die Mitarbeiter dies akzeptierten. Der Kläger wurde in den inkriminierten Artikeln von dort zu Wort kommenden ehemaligen Politikern zwar implizit als „Drogendealer“ bezeichnet. Im gegebenen Zusammenhang sah der OGH darin jedoch eine zulässige wertende Äußerung, die auf einem wahren Sachverhaltskern beruht und die angesichts des Umstands, dass einem gewissenhaften Lokalbetreiber derartige Vorgänge im Regelfall zumindest nicht gänzlich verborgen bleiben werden, auch keinen Wertungsexzess.
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