OGH-Entscheidung vom 23.11.2021, 4 Ob 178/21m
Sachverhalt:
Die in Österreich ansässige Klägerin war am Kauf eines Münchner Unternehmens interessiert, das Medieninhaber eines deutschen Fachmediums war. Die beiden Unternehmen schlossen eine Vereinbarung, nur miteinander (und nicht mit Dritten) über den Ankauf des Fachmediums zu verhandeln. Letztlich übernahm aber die Beklagte Gesellschaftsanteile an dem Münchner Unternehmen. Die Klägerin vermutete, dass die Beklagte das Münchner Unternehmen zum Vertragsbruch verleitet hatte und klagte auf Unterlassung. Weiters begehrte sie die Rückabwicklung der Verträge.
Entscheidung:
Das Erstgericht erklärte sich für international unzuständig und wies die Klage zurück. Die Begehren beträfen ausschließlich Handlungen in Deutschland. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der OGH befand den Revisionsrekurs der Klägerin für unzulässig.
Art 7 Nr 2 EuGVVO gewährt im Zusammenhang mit unerlaubten Handlungen die Zuständigkeit des Gerichts am Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dabei handelt es sich nach Wahl des Klägers sowohl um den Erfolgsort oder Schadenseintrittsort, als auch um den Handlungsort. Fallen beide Orte auseinander (Distanzdelikt), kann der Kläger zwischen dem Handlungsort und dem Erfolgsort als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit wählen. Zu den unerlaubten Handlungen zählen auch Wettbewerbsverstöße (siehe u.a. diese Entscheidung).
Der OGH fasste seine bisherige Rechtsprechung dahingehend zusammen, dass die internationale Zuständigkeit zu verneinen sei, wenn die im Ausland ausgeführten unlauteren Geschäftspraktiken nicht in Österreich stattfanden, sondern lediglich die nachteiligen Folgen in Österreich als Firmensitz spürbar waren. Auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH reichen diese Auswirkungen nicht für die Begründung der Zuständigkeit österreichischer Gerichte. Die Verwirklichung des Schadenserfolgs in einem bestimmten Mitgliedstaat setzt voraus, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, in diesem Mitgliedstaat geschützt ist. Der EuGH stellte in der dortigen Entscheidung für die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nicht auf den Sitz des Geschädigten, sondern entscheidend darauf ab, ob die in einem anderen Mitgliedstaat gesetzte Handlung auch das deutsche UWG verletzt und damit einen Schaden im Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts verursachen konnte.
In einer früheren Entscheidung sprach der OGH aus, dass bei einem Verstoß gegen das nationale Lauterkeitsrecht die internationale (örtliche) Zuständigkeit für eine Deliktsklage nach Maßgabe des Erfolgsorts im Verletzungsstaat gegeben ist. Der Verletzungsstaat ist jener Staat, in dem sich die Verletzungshandlung auswirkt (beeinträchtigter Markt) und daher gegen das nationale Lauterkeitsrecht verstößt.
Die Klägerin stützte sich nicht darauf, dass der Markt in Österreich beeinträchtigt bzw dort das UWG verletzt worden sei, sondern bloß auf den Umstand, dass der Interessensmittelpunkt (bzw Sitz) der Klägerin in Österreich liege und ihr gegenüber der Schaden dort eingetreten sei. Eine bloße Anknüpfung an den Sitz des geschädigten Unternehmens lässt sich aus der Judikatur jedoch nicht ableiten.
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