EuGH Urteil vom 5.6.2014, Rechtssache C-360/12

Sachverhalt:

Die Coty Germany GmbH aus Deutschland produziert Parfüm- und Kosmetikerzeugnisse. Sie ist Inhaberin einer für Parfümeriewaren eingetragenen dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke in Form eines Flakons. In solchen Flakons vertreibt sie das Damenparfüm „Davidoff Cool Water Woman“.

First Note, eine Gesellschaft mit Sitz in Belgien, ist im Parfümgroßhandel tätig. Im Januar 2007 verkaufte sie das Parfüm „Blue Safe for Women“ an Stefan P. Warenhandel mit Sitz in Deutschland. Stefan P. holte die Waren bei First Note in Belgien ab und verkaufte sie danach in Deutschland weiter.

Coty Germany erhob Klage gegen First Note und machte Ansprüche aus einer Markenrechtsverletzung, unzulässiger vergleichender Werbung und unlauterer Nachahmung geltend. Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz zurückgewiesen. Das Berufungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass es an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte fehle. Coty Germany legte daraufhin Revision beim deutschen BGH Revision ein.

Vorlagefragen:

Der BGH entschloss sich, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH (zusammengefasst) die Fragen  zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob

1. die GemeinschaftsmarkenVO (konkret: Art. 93 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94) dahingehend auszulegen ist, dass bei Nachahmung von Waren in einem Mitgliedsstaat und folgendem Weiterverkauf der nachgeahmten Ware in einem anderen Mitgliedsstaat, die Gerichte des letzteren Landes für die Markenrechtsverletzung zuständig sind; und

2. ob Art. 5 Nr. 3 der EuGVVO (Verordnung Nr. 44/2001) dahingehend auszulegen ist, dass bei einem Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht (UWG) eines Landes, die Gerichte ebendieses Landes zuständig sind, auch wenn  der mutmaßliche Täter in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und die behauptete unerlaubte Handlung dort vorgenommen wurde.

Entscheidung:

Die erste Frage beantwortete der EuGH dahingehend, dass bei einer Markenrechtsverletzung die gerichtliche Zuständigkeit nur zugunsten der Gemeinschaftsmarkengerichte des Mitgliedstaats begründet werden kann, in dem der Beklagte die unerlaubte Handlung begangen hat. Gegen den ursprünglichen Verkäufer lässt sich im Fall im Fall eines Verkaufs und einer Lieferung einer nachgeahmten Ware in einem Mitgliedstaat keine gerichtliche Zuständigkeit herleiten, wenn die Ware anschließend durch den Erwerber in einem anderen Mitgliedstaat weiterverkauft wird, wo der ursprünglichen Verkäufer selbst keine Handlung vorgenommen hat.

Wenn das Klagebegehren auf einen Verstoß gegen das innerstaatliche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gestützt wird, kommt Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zur Anwendung um festzustellen, ob das angerufene Gericht zuständig ist. Die zweite Vorlagefrage beantwortete der EuGH dahingehend, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, ein Rechtsstreit vor die deutschen Gerichte gebracht werden kann, sofern die in einem anderen Mitgliedstaat begangene Tat einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts verursacht hat oder zu verursachen droht. Im Fall der Behauptung einer unzulässigen vergleichenden Werbung oder einer unlauteren Nachahmung eines durch eine Gemeinschaftsmarke geschützten Zeichens lässt sich die gerichtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über eine auf das besagte nationale Gesetz gestützte Haftungsklage gegen eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort eine Handlung vorgenommen haben soll, die im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts einen Schaden verursacht hat oder zu verursachen droht, kraft des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs herleiten.