OGH-Entscheidung vom 27.5.2025, 1 Ob 62/25m
Sachverhalt:
Eine GmbH (Klägerin) verkaufte eine Liegenschaft in Tirol an eine KG (Erstbeklagte). Die Erstbeklagte hatte ihren Sitz in Österreich und mehrheitlich EU-Bürger als Gesellschafter. Im Vorfeld des Kaufs hatte der Geschäftsführer der Erstbeklagten mit einem ukrainischen Staatsangehörigen vereinbart, dass die Erstbeklagte nur als Treuhänderin fungieren und der Ukrainer faktisch wie ein Eigentümer über die Liegenschaft verfügen sollte. Diese Treuhandvereinbarung wurde der Verkäuferin nicht offengelegt. Die Erstbeklagte bestätigte im Kaufvertrag vielmehr, keine Genehmigungspflicht nach dem TirGVG auszulösen. Aufgrund des Drittstaatsstatus wäre ein direkter Erwerb durch den wirtschaftlich Berechtigten nicht genehmigungsfähig gewesen. Die Klägerin wusste lediglich, dass der Ukrainer Bauleistungen für das geplante Immobilienprojekt erbringen sollte. Als die Erstbeklagte den Kaufpreis nicht zahlte, klagte die Verkäuferin diesen ein. Die Klägerin forderte neben dem Kaufpreis auch die von ihr entrichtete Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr von den Beklagten. Die Beklagten wandten ein, es liege ein Umgehungsgeschäft vor, da der Ukrainer der „wahre“ Käufer sei.
Entscheidung:
Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Der OGH wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten zurück.
Ein Umgehungsgeschäft liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Parteien ein Rechtsgeschäft schließen, das zwar dem Wortlaut nach nicht von einer Verbotsnorm erfasst ist, aber deren Zweck vereitelt. Dabei kommt es nicht auf eine Umgehungsabsicht an, sondern nur darauf, ob objektiv der verpönte Erfolg erreicht wird.
Im vorliegenden Fall lag jedoch kein Umgehungsgeschäft vor: Die Verkäuferin hatte keine Kenntnis von der Treuhandabrede und wollte auch nicht einem Drittstaatsangehörigen Eigentum verschaffen. Der Kaufvertrag selbst war grundverkehrsrechtlich unbedenklich, da die Erstbeklagte als österreichische Gesellschaft Eigentümerin werden sollte. Dass die Erstbeklagte später eventuell entgegen dem Grundverkehrsgesetz einem Ukrainer eigentümerähnliche Rechte einräumen könnte, macht den Kaufvertrag selbst nicht zu einem Umgehungsgeschäft und das ursprüngliche Kaufgeschäft nicht rückwirkend rechtswidrig. Die (nicht offengelegte) Treuhandvereinbarung ist für das Vertragsverhältnis zwischen Verkäuferin und Käuferin irrelevant.
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