OGH-Entscheidung vom 6.4.2022, 6 Ob 38/22i

 

Sachverhalt:

Ein Immobilienverkauf scheiterte im ersten Anlauf an den Preisvorstellungen der Verkäuferin. Der (hohe) Verkaufspreis war zwischen der „ersten“ Maklerin und der Verkäuferin vereinbart worden. Die Verkäuferin kündigte kurz nach Erhalt eines erheblich niedrigeren Angebots den Maklervertrag mit sofortiger Wirkung. Sie strebte aber weder ein Gegenanbot an noch legte sie ein solches. Der Interessent (und spätere Käufer) ging davon aus, dass die Liegenschaft an einen anderen Interessenten verkauft worden sei. Etwa ein halbes Jahr später erteilte sie dem beklagten „zweiten“ Immobilienmakler einen Alleinvermittlungsauftrag. Der Interessent reagierte neuerlich auf dessen Inserat und kaufte nach mehreren Besichtigungen und Vertragsverhandlungen die Liegenschaft.

Die „erste“ Immobilienmaklerin verlangte nun vor Gericht vom „zweiten“ Immobilienmakler zwei Drittel der vereinnahmten Provision.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen die Klage mangels Verdienstlichkeit der „ersten“ Maklerin übereinstimmend ab. Der OGH befand die Revision für unzulässig.

Ist einer von mehreren Maklern eindeutig überwiegend verdienstlich geworden, so gebührt ihm gemäß § 6 Abs 5 Satz 2 MaklerG die gesamte Provision. Lässt sich ein solches Überwiegen nicht feststellen, so ist die Provision (nach Maßgabe der Verdienstlichkeit) aufzuteilen, im Zweifel zu gleichen Teilen. Eine an sich verdienstliche Tätigkeit des Maklers, die für den Abschluss des konkreten Rechtsgeschäfts kausal war, ist jedoch erforderlich. Der Vermittlungserfolg muss dem Makler also auch rechtlich zuzurechnen sein.

Etwa das Scheitern der ursprünglichen Vertragsverhandlungen an sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien war für den OGH in einer früheren Entscheidung bereits Grund für eine Verneinung der Adäquanz der Vermittlungstätigkeit eines Maklers. Kein Anspruch auf Vermittlungsprovision besteht, wenn das Rechtsgeschäft erst nach dem endgültigen Scheitern der Bemühungen des Vermittlers ausschließlich aufgrund anderer Umstände zustande kommt.

Im vorliegenden Fall scheiterte der erste Verkaufsversuch an den überhöhten Preisvorstellungen. Beide potenziellen Kaufvertragsparteien hatten das Interesse an der Fortsetzung der Vertragsverhandlungen verloren. (Die Verkäuferin hatte keinen Verkaufswunsch mehr, der spätere Käufer dachte, dass die Liegenschaft an einen anderen Interessenten aus Deutschland verkauft worden sei.) Es lag keine vorübergehende Unterbrechung vor. Erst nach Einschreiten des „zweiten“ Maklers kam der Verkauf zustande. Weder ging der „neue“ Makler von sich aus auf den Kaufinteressenten zu, noch suchte der Käufer gezielt den Kontakt, um die gescheiterten Verhandlungen wieder aufzunehmen, sondern es meldete sich der Käufer auf eine allgemein gehaltene Zeitungsannonce des zweiten Maklers hin. Es bestand daher kein Anspruch auf (auch nur anteilige) Provision der ersten Maklerin gegen den zweiten Makler.

 

 

 

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